Knirschen im Knie: Wie schlimm ist es wirklich?

Knirschen im Knie. Und es klingt wie eine Kaffeemühle.

Eine schnelle Suche bei Google verrät mir, dass es Arthrose sein könnte.

Ich denke mir: "Mist, bin ich dafür nicht noch zu jung?!"

Aber eigentlich habe ich keine Beschwerden. Außer dieses besorgniserregende Geräusch.

Meine Ärztin hatte mir vor 10 Jahren schon Arthrose prognostiziert, als ich das erste Mal wegen Knieschmerzen zu ihr ging.

Heute bin ich beschwerdefrei. Aber hat das ein Ablaufdatum und ich kann auf Schmerzen warten? Muss ich wirklich mit Arthrose rechnen? Oder geht es nicht auch anders?

In diesem Artikel geht es darum, was die moderne Schmerzforschung dazu sagt und warum ein Knirschen im Knie nicht so eine todsichere Nummer ist, wie uns Dr. Google immer weismachen möchte.

Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel ist nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben und enthält aktuelle Ergebnisse aus der modernen Forschung. Dennoch ersetzen die Inhalte keine ärztliche Beratung, sondern dienen lediglich der Information.

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Wie entsteht das Knirschen im Knie?

Jedes mal wenn du Treppen steigst oder aus der Hocke aufstehst, knirscht es gewaltig im Knie.

Wenn es dir wie mir ging, machst du dir deswegen Sorgen und lässt dich vielleicht von einem Arzt untersuchen.

Der macht ein paar Tests und stellt fest: Jap, klares Zeichen von Krepitation (lat. „Crepitatio“, für „Rasseln“, „Knirschen“).

Wie entsteht Knirschen im Knie

Aber wie entstehen diese Geräusche im Kniegelenk überhaupt? 

Meine Ärztin erklärte mir damals, diese entstehen durch Fehlbelastungen der Kniegelenke. 

Dabei wird der Knorpel belastungsbedingt im Alter abgerieben, sodass die Gleitfähigkeit nachlässt. 

Schreitet der Verschleiß voran, können sich Risse und Furchen im Knorpel bilden. Es können sich auch kleine Knorpelstücke lösen und sich frei im Gelenk bewegen. 

Typischerweise geschieht dies entweder zwischen Ober- und Unterschenkel oder zwischen der Gelenkfläche von Oberschenkel und Kniescheibe. Letzteres bezeichnet man auch als Chondropathie im Knie.

Dann reibt Knochen auf Knochen.

Aber stimmt das so überhaupt?

Teilweise. 

Eine Untersuchung an der University of British Columbia in Vancouver stellte fest, dass sich keine Verbindung zwischen Knirschen und Knorpelabbau nachweisen lässt. Überraschenderweise ging ein Knorpelschaden an der medialen Gelenkfläche sogar mit verminderten Geräuschen einher.

Vielmehr deuten die Geräusche im Knie allgemein auf Veränderungen von Strukturen wie den Kreuzbändern, den Menisken oder den Außenbändern hin. Auch könnte das Knirschen im Knie ein Hinweis auf Osteophyten-Bildung sein (Guermazi et al. 2011).

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Risikofaktoren für Knirschen im Knie

Wenn du dich schon etwas mit dem Thema beschäftigt hast, findest du immer wieder ähnliche Aussagen.

Knirschen im Knie oder Knorpelschäden entstünden durch Fehlbelastungen.

Und ja: Dies kann ein Risikofaktor sein.

Meine Ärztin hat mir damals mit dieser Aussage unbewusst Bewegungsängste gegeben. Ich vermied Belastung, denn ich wollte den Knorpel ja nicht noch mehr abnutzen!

Ursache für Chondropathie im Knie

Aber in mir schlummert dann doch eine rebellische Natur und ich habe mich selbstständig informiert.

Und was man da so findet, wenn man tief gräbt, hat Dominik Czerny in seinem Buch "Arthrose verstehen und effektiv behandeln" zusammengetragen.

Darin findest du verschiedene Risikofaktoren für die Abnutzung des Knorpels:

  • Übergewicht: Fettgewebe ist aktiv am Stoffwechsel beteiligt und schüttet entzündungsfördernde Stoffe aus. Diese wirken negativ auf die Knorpelgesundheit ein.
  • Ernährung: Auch mit unserer Ernährung haben wir Einfluss auf Entzündungen und damit unsere Knorpelgesundheit.
  • Vorherige Verletzungen: Vorherige Kreuzbandrisse oder Meniskusschäden erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Abnutzungserscheinungen.
  • Operationen: Eine OP am Knie erhöht das Auftreten von Abnutzungen des Knorpels.
  • Bewegungsmangel: Der Knorpel hat keine eigene Blutversorgung. Darum ist er auf bewegungsbasierte Diffusionsvorgänge angewiesen. Entsprechend verkümmert Bewegungsmangel den Knorpel.
  • Biomechanik des Knies: Verschiedene Faktoren wie eine Fehlstellung des Kniegelenks oder muskuläre Dysbalancen fördern den Degenerationsprozess.

Du siehst: Das Thema ist deutlich komplexer als es immer wieder präsentiert wird. Überlastung ist nur ein Faktor von vielen.

Mein Wunsch ist, dich dahingehend zu sensibilisieren. Es gibt nicht DEN Risikofaktor für Knirschen im Knie. 

Es spielen immer mehrere Faktoren eine Rolle. Du darfst dich also auf die Faktoren konzentrieren, die bei dir wichtig sind.

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Kann man von Knirschen im Knie auf spätere Schäden & Schmerzen schließen?

Du findest auch immer wieder die Aussage: Knirschen im Knie würde spätere Arthrose und Schmerzen vorhersagen.

Natürlich kann das bei einigen Menschen der Fall sein.

Aber hier gehen Ärzte und Therapeuten einem klassischen Wahrnehmungsfehler auf den Leim.

Denn es gibt sehr viele Menschen mit Geräuschen im Knie. Welche davon gehen zum Arzt?

Knirschen im Knie als Schmerzursache?

Bingo! Die, die Schmerzen haben. Ärzte und Therapeuten sehen also nur solche Patienten.

Doch was ist mit dem Rest? Sind da Schmerzen vorprogrammiert? Nein, denn Korrelation ist keine Kausalität.

Fakt ist: Je älter wir werden, umso wahrscheinlich sind arthrotische Veränderungen (Czerny 2020).

Dies ist jedoch kein Beweis, dass Knirschen im Knie und arthrotische Veränderungen zusammenhängen. Bis dato gibt es nämlich keinen einzigen definitiven Nachweis dafür (Robertson et al. 2017).

Knirschende Geräusche im Knie hängen darüber hinaus weder mit einer eingeschränkten Funktion noch mit Schmerzen zusammen (de Oliveira Silva et al. 2018).

Viel relevanter für das Leben der Betroffenen ist eher: Wie denke ich selbst über die Geräusche? Mache ich mir Sorgen? Oder bewege ich mich normal weiter?

Schmerz ist selten durch den Status des Gewebes bedingt. Auch hier spielen viele Faktoren eine Rolle.

Musst du dir also Sorgen machen? Es kommt drauf an!

Solange mit dem Knirschen im Knie keine Schmerzen einhergehen, lass die Kaffeemühle knarzen.

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3 Übungen gegen Knirschen im Knie

Bis hierhin haben wir eine ganze Menge über Knirschen im Knie gehört. Und obwohl mir die Geräusche in meinen Knie noch immer manchmal einen Schauer über den Rücken jagen, bin ich insgesamt entspannt, was das Thema angeht.

Denn ich weiß: Krafttraining ist DIE Maßnahme der Wahl bei Knorpelschäden (Rixe et al. 2015).

Vor allem die Kraft des Quadrizeps auf der Vorderseite des Oberschenkels scheint eine wichtige Rolle zu spielen (Pazzinatto et al. 2019).

Darum findest nachfolgend einige Übungen, die dir dabei helfen, die Muskeln um die Kniegelenke zu kräftigen.

Übung #1: der Front Foot Elevated Split Squat

Ein ziemlich langer Name für eine einfache Übung, oder?

Mit dieser relativ unbekannten Ausfallschritt-Variante belastest du das Kniegelenk im vollen Bewegungsradius. 

Das ist wichtig, damit der Knorpel im Knie umfänglich ernährt wird. Gleichzeitig wird der Quadrizeps durch den starken Knievorschub mehr belastet.

Keine Angst: Die Knie vor die Zehen zu schieben ist nicht gefährlich 😉

Und so sieht die Übung aus:

Stelle den vorderen Fuß erhöht ab, z.B. auf ein paar Gewichtsscheiben oder ein paar Büchern.

Gehe von hier aus in einen Ausfallschritt.

Senke dich ab, indem du das Knie des vorderen Fußes weit nach vorn schiebst.

Achtung: Die Ferse des vorderen Fußes soll dabei auf dem Boden bleiben!

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Halte den Oberkörper dabei aufrecht. Kehre die Bewegung um, indem du das vordere Bein streckst.

Übung #2: Kniebeugen mit Widerstandsband

Wenn das Knirschen im Knie von der Kniescheibe kommt, wird sie oftmals nicht optimal in ihrer Bahn geführt. 

Dann ist es eine gute Idee, den Quadrizeps gezielter zu trainieren, während das Knie gestreckt wird.

Die Lösung: Wir arbeiten mit einem Widerstandsband. Dadurch haben wir auch in den gestreckteren Knie-Positionen eine stärkere Last auf die Muskulatur.

Durch diese einfache Anpassung arbeiten die Muskeln effizienter und führen die Kniescheibe besser in ihrer Bahn.

Und so sieht die Übung aus:

Steige mit den Füßen in das Widerstandsband hinein und lege es um deinen Nacken.

Senke dich kontrolliert in die Hocke herab.

Die Fersen bleiben die ganze Zeit in Kontakt mit dem Boden und die Beinachse bleibt stabil!

Gehe nur so tief, wie du den Rücken gerade halten kannst.

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Kehre die Bewegung langsam und kontrolliert um. Am Anfang wird ein dünnes Widerstandsband genügen. Je besser zu wirst, umso dicker darf das Band aber werden!

Übung #3: Rumänisches Kreuzheben

Wir wissen, dass sowohl die Kraft als auch die Beweglichkeit des hinteren Oberschenkels einen Einfluss auf die Kniegesundheit hat.

Beides können wir mit einer Übung gleichzeitig trainieren: Dem rumänischen Kreuzheben.

Der Vorteil: Das Training im vollen Bewegungsumfang verbessert gleichzeitig die Beweglichkeit (Afonso et al. 2021).

Und so sieht die Übung aus:

Nimm dir ein Widerstandsband und stelle dich darauf.

Halte mit beiden Händen die Enden direkt neben dir.

Schiebe dein Gesäß nach hinten und halte die Knie nur ganz leicht gebeugt. 

Gehe nur so tief, wie du den Rücken neutral halten kannst und die Dehnung im hinteren Oberschenkel erträglich ist. Halte die gedehnte Position für einen Augenblick.

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Spanne den Po an und kehre in die Ausgangsposition zurück.

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Jetzt bist du dran!

Da du den Artikel bis hierhin gelesen hast, gehe ich davon aus, dass du ernsthaft daran interessiert bist, deine körperlichen Beschwerden loszuwerden.

Leider ist es nicht immer leicht, die richtigen Übungen zu finden. Vor allem weil du bei Google oft widersprüchliche Vorschläge findest.

Jedoch gibt es eine Trainingsmethode, die für jeden Trainingsstand und jedes Alter geeignet ist: Die kontrollierten Gelenkrotationen. Ich nutze sie mit jedem Kunden, egal was er hat.

Damit auch du in den Genuss dieser Trainingsmethode kommst, habe ich das eBook "Schmerzfrei und beweglich mit Gelenkrotationen" erstellt. Darin erfährst du, wie die Gelenkrotationen funktionieren und wie du sie für deine Ziele nutzen kannst.

Trage einfach deine Emailadresse ein und du bekommst das eBook für 0€:

Bildernachweis im Artikel "Knirschen im Knie":

Titelbild: Getty Images Pro - canva.com

Ursache für Geräusche: Getty Images - canva.com

MRT Knie: Getty Images - canva.com


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