Patellofemorales Schmerzsyndrom: Ursache, Therapie und Übungen

Ein patellofemorales Schmerzsyndrom ist eine der häufigsten Formen von Knieschmerzen. Der Begriff umfasst Beschwerden, die an der Vorderseite des Knies auftreten und nicht auf ein traumatisches Erlebnis zurückzuführen sind.

Da die Ursache nicht auf eine bestimmte Struktur eingegrenzt werden kann, spricht man auch von unspezifischen Knieschmerzen. Genau das macht die Behandlung auch schwierig. 

Um dich dabei zu unterstützen, erfährst du in diesem Artikel:

  • was ein patellofemorales Schmerzsyndrom überhaupt ist,
  • wie es entstehen kann,
  • wie eine effiziente Behandlung aussieht und
  • mit welchen Übungen du etwas dagegen machen kannst.

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Was ist das patellofemorale Schmerzsyndrom?

Unser Kniegelenk besteht eigentlich aus zwei Hauptgelenken:

  1. Das tibiofemorale Gelenk bestehend aus Unterschenkel und Oberschenkel,
  2.  Das patellofemorale Gelenke bestehend aus Oberschenkel und Kniescheibe.

Das patellofemorale Schmerzsyndrom bezieht sich dabei auf das patellofemorale Gelenk und beschreibt Schmerzen, die aus diesem Gelenk kommen.

Das Kniegelenk

Der rote Pfeil zeigt auf die Bursa infrapatellaris.

Für die Stabilität und Funktion des patellofemoralen Gelenks sind viele Strukturen verantwortlich:

  • Innerhalb der Gleitrinne sitzt die Kniescheibe
  • Beide Seiten des Gelenks - die Rückseite der Kniescheibe und der Oberschenkel - sind mit Knorpel überzogen, sodass die Kniescheibe reibungsfrei gleiten kann
  • Diverse Bänder wie das Innen- und Außenband stabilisieren die Gelenkkapsel
  • Mehrere Schleimbeutel sorgen für ein geschmeidiges Gleiten von Sehnen und Bändern
  • Einer Schleimbeutel ( Bursa infrapatellaris) ist bei Knieschmerzen an der Vorderseite besonders aktiv und schüttet entzündungsfördernde Substanzen aus(Dragoo et al 2003

Du siehst: Eine ganze Menge Strukturen sind an der Stabilität und Funktion des patellofemoralen Gelenks beteiligt. Aufgrund der Fülle an Strukturen können wir die exakte Ursache für die Beschwerden oft nicht genau bestimmen.

Deswegen nutzt man heute den Begriff "patellofemorales Schmerzsyndrom", um die unspezifischen Kniebeschwerden um die Kniescheibe herum zu beschreiben.

Häufig ist ein patellofemorales Schmerzsyndrom daher eine Ausschlussdiagnose und muss von anderen möglichen Schmerzursachen abgegrenzt werden, wie z.B.:

Beide fallen nicht unter den Begriff "patellofemorales Schmerzsyndrom", obwohl Betroffene über ähnliche Symptome klagen. Der Grund: Sie entstehen anders und sollten daher anders behandelt werden(Wiles et al. 1956; Blazer 2003; Fernándes-Cuadros et al. 2017).

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Was ist die Ursache für ein patellofemorales Schmerzsyndrom?

Im Gegensatz zu anderen Knieschmerzen gibt es für ein patellofemorales Schmerzsyndrom keine klare Ursache und lässt sich häufig nicht auf ein traumatisches Ereignis zurückführen. 

Damit zählt es zu den unspezifischen Knieschmerzen.

In der Regel treten die Schmerzen erstmalig nach einer Phase ungewohnter Belastung auf.

Belastung vs. Belastbarkeit

 Für ein patellofemorales Schmerzsyndrom spielt also das Verhältnis aus Belastbarkeit und Belastung eine große Rolle (Crossley et al. 2016).

Aufgrund des multifaktoriellen Charakters von unspezifischen Schmerzen lässt sich die Ursache auch nicht auf einen Faktor herunterbrechen. Viel mehr spielen mehrere Einflüsse eine Rolle und dürfen immer individuell berücksichtigt werden, so z.B.:

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Symptome und Anzeichen für ein patellofemorales Schmerzsyndrom

Wie ist es bei dir zu den Beschwerden gekommen?

Deine Geschichte gibt bereits viele Hinweise, ob es sich um ein patellofemorales Schmerzsyndrom handelt.

Typische Anzeichen sind z.B. ein plötzliches Auftreten der Beschwerden nach einer ungewohnten Belastung wie längeres Laufen, Wandern oder exzessives Treppensteigen.

Treppensteigen und Knieschmerzen

Sind die Beschwerden einmal da, äußern sie sich bei typischen Bewegungen. Folgende Symptome sind charakteristisch:


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Behandlung für ein patellofemorales Schmerzsyndrom

Um ein patellofemorales Schmerzsyndrom erfolgreich loszuwerden, sollte mit der Behandlung möglichst frühzeitig begonnen werden.

Denn eine Untersuchung an der Universität von Melbourne konnte zeigen, dass etwa die Hälfte der Betroffenen auch nach 12 Monaten mit den Beschwerden zu kämpfen hatten - unabhängig von der Behandlungsart. Der entscheidende Faktor war, ob die Beschwerden bereits länger als 2 Monate bestanden (Collins et al. 2013).

Damit dir das nicht passiert, eignet sich ein Kombination aus verschiedenen Herangehensweisen.

Trainingstherapie für ein patellofemorales Schmerzsyndrom

Eine Trainingstherapie ist für ein patellofemorales Schmerzsyndrom das A und O. Sie zeigt kurzfristig, mittelfristig und langfristig die größte Reduktion der Beschwerden und die beste Verbesserung der Funktion (Crossley et al. 2016).

Dabei darf sich vor allem auf die folgenden Muskelgruppen fokussiert werden: 

Manuelle Therapie für ein patellofemorales Schmerzsyndrom

Manuelle Therapie ist leider, leider in vielen Physiotherapie-Praxen die einzige Therapie.

Zwar kann eine manuelle Therapie kurzfristig die Schmerzempfindlichkeit senken. Jedoch wird sie als alleinige Therapieform nicht den gewünschten Erfolg bringen. 

Durch den schmerzlindernden Effekt kann die manuelle Therapie aber sehr gut mit der Trainingstherapie kombiniert werden. So wird ein schmerzfreies Zeitfenster geschaffen, indem mit weniger Beschwerden trainiert werden kann (Eckenrode et al. 2018).

Taping für ein patellofemorales Schmerzsyndrom

Den bunten Klebestreifen werden allerhand wundersame Eigenschaften nachgesagt. So soll die Farbe des Tapes einen bestimmten Effekt haben, die Beweglichkeit sowie Muskelfunktion verbessern und Schmerzen lindern.

Jedoch scheint die Wirkung nicht über einen Placebo-Effekt hinauszugehen. Diverse Untersuchungen konnten zeigen, dass es keinen Unterschied macht, ob die Studienteilnehmer die Klebestreifen gegen patellofemorales Schmerzsyndrom getragen haben oder nicht (Akbas et al. 2011; Aytar et al. 2011; Freedman at al. 2014).

Du darfst dir also bewusst sein: Wenn es für dich gefühlt einen Vorteil bringt, kannst du die Tapes gern nutzen. Jedoch haben sie keinen spezifischen Effekt und verbessern die Behandlungserfolg nicht zusätzlich. 

Schuheinlagen für ein patellofemorales Schmerzsyndrom

Mit Schuheinlagen verhält es sich ähnlich wie mit manueller Therapie: Kurzfristig können sie Beschwerden lindern. Damit schaffen sie die Gelegenheit für mehr Bewegung und adäquate Belastung. Jedoch sind sie keine dauerhafte Lösung, um ein patellofemorales Schmerzsyndrom zu behandeln (Crossley et al. 2016).

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Übungen für ein patellofemorales Schmerzsyndrom

Obwohl ein patellofemorales Schmerzsyndrom immer von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird, haben wir gesehen, dass eine Trainingstherapie DIE Behandlung der Wahl ist.

Dabei müssen die wichtigsten Muskeln für gesunde Kniegelenke trainiert werden. Das sind:

  • Eine Kräftigung des Quadrizeps
  • Eine Kräftigung der Hüftmuskulatur
  • Eine Kräftigung der hinteren Kette

Nachfolgend findest du 3 passende Übungen dafür.

Wichtiger Hinweis: Ein patellofemorales Schmerzsyndrom geht nicht von heute auf morgen weg. Die folgenden Übungen stellen nur den Anfang einer erfolgreichen Behandlung dar. Die Übungen sollten in regelmäßigen Abständen angepasst werden, sodass sich die Belastbarkeit des Kniegelenks Stück für Stück erhöht.

Übung #1: Kräftigung des Quadrizeps

Der Muskel auf der Oberschenkelvorderseite ist bei Knieschmerzen häufig gehemmt. Vor allem wenn eine Schwellung im Knie auftritt (Rice et al 2010).

Darum ist es eine gute Idee, den Quadrizeps wieder ins Boot zu holen. Denn das entlastet die Strukturen auf der Vorderseite des Knies.

Jedoch ist eine starke Beugung häufig schmerzhaft und macht keinen Spaß.

Die Lösung: Isometrisches Training. Eine passende Übung dafür ist der Wall Sit.

Mein Kollege Sebastian Schäfer zeigt dir, wie die Übung aussieht:

Befestige ein Widerstandsband etwa auf Kniehöhe.

Schlüpfe mit einem Bein hinein und bringe Spannung auf das Band, sodass dein Knie nach vorn gezogen wird.

Gehe nun in eine leichte Schrittstellung und strecke das Knie, während du die Ferse in den Boden drückst.

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Endposition kurz halten und dann kontrolliert in die Ausgangsposition kommen. Hier darfst du anfangs im hohen Wiederholungsbereich trainieren.

Übung #2: Kräftigung der Hüfte

Eine starke Hüfte hilft dabei, die Beinachse zu stabilisieren. Dies reduziert die Belastung der Strukturen auf der Knievorderseite und unterstützt somit die Regeneration.

Für diese Aufgabe ist vor allem der Gluteus Medius an der Hüftaußenseite verantwortlich. Bei vielen Menschen ist dieser leider zu schwach.

Grund genug, da mal buchstäblich Feuer unter den Hintern zu bringen. Unsere Übung der Wahl ist dafür der Lock Clam Shell.

Mein Kollege Sebastian Schäfer zeigt dir, wie die Übung aussieht:

Du kannst die Übung wie im Video mit einem Miniband ausführen. Es geht aber auch ohne.

Lege dich dazu auf den Boden, sodass dein Becken Richtung Boden zeigt.

Hake des obere Bein hinteren dem Knöchel des unteren Beins ein.

Spanne nun das Gesäß an, um das Knie anzuheben.

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Der Bewegungsumfang ist zwar nur klein. Doch unterschätze die Übung nicht. Sie hat es in sich! Achte während der kompletten Ausführung darauf, dass sich dein Becken nicht bewegt.

Die Bewegung soll aus der Hüfte kommen. Wenn du alles richtig machst, spürst du ein dankbares Brennen an der Außenseite der Hüfte.

Übung #3: Kräftigung der hinteren Kette

Bei Knieschmerzen sind häufig die Muskeln im hinteren Oberschenkel und im Gesäß schwach ausgeprägt.

Grund genug, auch hier anzusetzen und wieder Dampf auf die Muskeln zu bringen.

Die Übung der Wahl ist die Single Leg Hip Bridge. 

Sebastian zeigt dir wieder, wie die Übung aussieht:

Lege dich auf den Rücken.

Ein Bein positionierst du erhöht und das andere hältst du in der Luft. 

Drücke dich kontrolliert nach oben, bis die Hüfte komplett gestreckt ist und lasse dich wieder ab.

Sollte die Übung einbeinig zu schwer sein, kannst du sie auch mit beiden Beinen ausführen.

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Jetzt bist du dran!

Da du den Artikel bis hierhin gelesen hast, gehe ich davon aus, dass du ernsthaft daran interessiert bist, deine körperlichen Beschwerden loszuwerden.

Leider ist es nicht immer leicht, die richtigen Übungen zu finden. Vor allem weil du bei Google oft widersprüchliche Vorschläge findest.

Jedoch gibt es eine Trainingsmethode, die für jeden Trainingsstand und jedes Alter geeignet ist: Die kontrollierten Gelenkrotationen. Ich nutze sie mit jedem Kunden, egal was er hat.

Damit auch du in den Genuss dieser Trainingsmethode kommst, habe ich das eBook "Schmerzfrei und beweglich mit Gelenkrotationen" erstellt. Darin erfährst du, wie die Gelenkrotationen funktionieren und wie du sie für deine Ziele nutzen kannst.

Trage einfach deine Emailadresse ein und du bekommst das eBook für 0€:

Bildernachweis im Artikel "Patellofemorales Schmerzsyndrom":

Titelbild: Getty Images - Canva.com


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