Was sind PAILs und RAILs? Die effektive Dehnmethode erklärt

"Und jetzt anspannen!" sagt Hunter Cook.

Jeder Muskel im Körper ist maximal kontrahiert, als ich die Hüftmuskulatur anspannen will. Was harmlos beginnt, endet mit dem übelsten Krampf.

"Was war das denn?!", frage ich mich. 

"Das ist deine Hüfte, die in einer Position arbeitet, die du sonst nie benutzt."

Die letzten Jahre hatte ich mich vor allem auf Krafttraining konzentriert. Nun wollte ich meine Beweglichkeit verbessern, ohne an Kraft einzubüßen.

Denn wer möchte nicht gern bewegliche und starke Gelenke haben?! Hier kommen PAILs und RAILs ins Spiel.

Dr. Andreo Spina sagt: "PAILs und RAILs sind die schnellste Art, um die Beweglichkeit nachhaltig zu verbessern und gleichzeitig Kraft am Ende deines Bewegungsradius aufzubauen."

In diesem Artikel erfährst du:

  • Was PAILs und RAILs eigentlich sind,
  • Wie sie funktionieren und
  • Warum sie so verdammt effektiv sind.

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Was sind PAILs und RAILs?

PAILs und RAILs sind eine Trainingsmethode aus dem Functional Range System. Dabei sind die Begriffe PAILs und RAILs eine Abkürzung und stehen für:

  • PAILs: Progressive Angular Isometric Loading und
  • RAILS: Regressive Angular Isometric Loading

Was kompliziert klingt, ist einfach erklärt. Angular Isometric Loading bedeutet, dass du die Muskeln in einem bestimmten Gelenkwinkel isometrisch, d.h. statisch, anspannst.

Wir unterscheiden nur, ob es sich um dem gedehnten Muskel (PAILs) oder den verkürzten Gegenspieler (RAILs) handelt.

Damit unterscheiden sich PAILs und RAILs von klassischen Dehnmethoden, wo der Muskeln nur passiv in die gewünschte Position geführt wird.

Vielleicht hast du dich auch schon mit der Materie beschäftigt und fragst dich gerade: "Das klingt sehr nach PNF-Stretching. Wo ist da der Unterschied?"

Gut, dass du fragst!

Bei PNF-Dehnungen spannst du die Muskeln mit ca. 20-30% Kraft an. Im Gegensatz dazu arbeitest du bei PAILs und RAILs mit bis zu 100% deiner Maximalkraft.

Daher eignen sich PAILs und RAILs eben nicht nur für dein Beweglichkeitstraining, sondern auch für:

  • den Aufbau starker Gelenke, weil die Kollagen-Synthese angeregt wird
  • den Aufbau von Kraft am Ende deines Bewegungsradius (dieser ist oft am schwächsten)
  • die Verletzungsprävention, weil du lernst schwierige Gelenkpositionen zu kontrollieren und
  • die Reha, um nicht nur die Beweglichkeit zu verbessern, sondern angepasst an den Schmerz deine Gelenke Stück für Stück mehr zu belasten.

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Was passiert bei PAILs und RAILs?

Hast du dich schon einmal gefragt, woher dein Körper eigentlich weiß, wann ein Dehnschmerz auftreten soll?

Das liegt an den Muskelspindeln. Diese Muskelspindeln sind Dehnungsrezeptoren innerhalb deiner Muskulatur und nehmen Längenveränderungen war.

Bringst du deine Muskeln nun in einen bisher unbekannten Bewegungsfang, aktivierst du deine Muskelspindeln. Diese schlagen Alarm und spannen den gedehnten Muskel an, um ihn vor einer Verletzung zu schützen. Du merkst dann, wie der gedehnte Muskel nicht weich sondern hart und angespannt ist.

Aber reagieren die Muskelspindeln nur in gefährlichen Situationen? Nein! Meistens reagieren sie schon, wenn du eine ungewohnte Position einnimmst.

Indem du nun aber in der endgradigen Position sowohl den gedehnten als auch den verkürzten Muskel aktiv ansteuerst, kann der sogenannte Dehnreflex überschrieben werden.

Et voila! Du kommst tiefer in die Dehnung.

Und wenn du das beim Lesen gerade ausprobiert hast, stellst du vielleicht fest: In der gedehnten Position fällt es dir schwer Kraft zu entwickeln. 

Das ist völlig normal und liegt zum einen an den Muskelspindeln. Denn wenn ein Muskel angespannt ist, kann sein Gegenspieler schlechter Kraft entwickeln.

Zum anderen hat jeder Muskel ein Längen-Spannungs-Verhältnis. Demnach können Muskeln im mittleren Bewegungsumfang mehr Kraft und in der gedehnten sowie verkürzten Position weniger Kraft entfalten.

Längen Spannungs Verhältnis

Und gerade die endgradigen Positionen werden im klassischen Krafttraining selten trainiert. Doch genau hier passieren die meisten akuten Verletzungen an den Muskeln und Sehnen [1].

PAILs und RAILs sind deswegen so wirksam! Denn sie vergrößern nicht nur deinen Bewegungsumfang, sondern bauen in den verletzungsanfälligsten Positionen Kraft auf.

Das Resultat: Mehr Kraft und stärkere Sehnen [2].

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Wie funktionieren PAILs und RAILs?

Vielleicht denkst du dir jetzt: "Das klingt alles sehr spannend! Aber wie genau funktionieren diese PAILs und RAILs?"

Suche dir eine gewünschte Position, die du dehnen möchtest. Wenn du neu mit Mobility Training startest, vermeide einen typischen Fehler und gehe nicht zu intensiv in die Dehnung hinein.

Du darfst sie spüren, sollte aber keinen starken Dehnschmerz auslösen. 

Halte die Dehnung für 2 Minuten und atme dabei gleichmäßig ein und aus.

Nun folgte der PAILs-Teil. Spanne die gedehnte Muskulatur langsam an, indem du in ein unbewegliches Objekt hineindrückst.

Steigere dich bis auf die gewünschte Intensität. Wenn du gerade damit anfängst, sind etwa 50-60% der maximalen Kraft ein guter Richtwert. Halte die Spannung für 20 Sekunden.

Nun folgt der RAILs-Teil.

Spanne nun die Muskeln an, die auf der anderen Seite der gedehnten Muskulatur liegen. Versuche dich also mit Hilfe deiner Muskeln tiefer in die Dehnung hineinzuziehen. Hier kannst du Vollgas geben. Halte auch hier die Spannung für 20 Sekunden.

Das war ein Durchgang.

In dem folgenden Video siehst du, wie PAILs und RAILs für die Schulter aussehen können:

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Jetzt bist du dran!

Da du den Artikel bis hierhin gelesen hast, gehe ich davon aus, dass du ernsthaft daran interessiert bist, deine körperlichen Beschwerden loszuwerden.

Leider ist es nicht immer leicht, die richtigen Übungen zu finden. Vor allem weil du bei Google oft widersprüchliche Vorschläge findest.

Jedoch gibt es eine Trainingsmethode, die für jeden Trainingsstand und jedes Alter geeignet ist: Die kontrollierten Gelenkrotationen. Ich nutze sie mit jedem Kunden, egal was er hat.

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Über Felix

Meine Name ist Felix Kade und ich arbeite als Personal Trainer in Leipzig, sowie als Dozent für (Reha-)Trainer in ganz Deutschland. Unter anderem bin ich ausgebildet als medizinischer Fitnesstrainer, Reha-Trainer für Orthopädie, Faszientrainer und vieles mehr.
Durch moderne Erkenntnisse aus der Neuro- & Schmerzwissenschaft helfe ich meinen Klienten, den Schmerzkreislauf schneller hinter sich zu lassen und wieder mehr Zeit sowie Energie für die wichtigen Dinge im Leben zu haben.

Bildernachweis:

Titelbild: g-stockstudio - canva.com

Muskel-Längen-Verhältnis: eigene Grafik

 

Quellennachweis:

[1] Brukner P. Brukner & Khan's Clinical Sports Medicine. McGraw-Hill Education; 2017.

[2]Oranchuk, D. J., Storey, A. G., Nelson, A. R., & Cronin, J. B. (2019). Isometric training and long‐term adaptations: Effects of muscle length, intensity, and intent: A systematic review. Scandinavian journal of medicine & science in sports29(4), 484-503.

 

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