"Sie haben Rückenschmerzen nach Krafttraining? Hören Sie einfach damit auf. Das ist eh nicht gut für Sie!"
Diesen Satz hat jeder Kraftathlet schon mal gehört. Und wenn du genau so stur bist wie ich, kannst du das einfach nicht akzeptieren und suchst stattdessen nach Lösungen.
Falls du dir trotzdem Sorgen machst, ob Gewichte stemmen so gut ist, lass uns das direkt aus dem Weg räumen.
Krafttraining ist das Beste, was du bei Rückenschmerzen machen kannst:
- Du baust einen starken Rücken auf [1],
- unterstützt die Regeneration von Bandscheiben [2] und
- sorgst für Hypertrophie in Rückenstrecker und Multifidi [3]
Du musst nur ein paar Dinge berücksichtigen, damit du keine Rückenschmerzen nach Krafttraining bekommst. Darum sprechen wir in diesem Artikel darüber:
- Was die Ursache für Rückenschmerzen nach Krafttraining ist,
- Wie du Übungen so anpasst, dass du ohne Pause weitertrainieren kannst und
- Wie du sicher wieder zurück zu den großen Verbundübungen kommst.
Wichtiger Hinweis
Dieser Artikel ist nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben und enthält aktuelle Ergebnisse aus der modernen Forschung. Dennoch ersetzen die Inhalte keine ärztliche Beratung, sondern dienen lediglich der Information.
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Was ist die Ursache für Rückenschmerzen nach Krafttraining?
Würdest du dem Internet glauben, wären die Ursache für deine Rückenschmerzen nach Krafttraining eine schwache Bauchmuskulatur und ein verkürzter Hüftbeuger.
Tatsache ist: Wenn du Kniebeugen oder Kreuzheben machen kannst, ist dein Bauch nicht zu schwach und dein Hüftbeuger nicht verkürzt.
Um die Katze aus dem Sack zu lassen: In den meisten Fällen kommen die Rückenschmerzen von einer mechanischen Überlastung.
Du hast zu schnell zu viel gemacht und bestimmte Strukturen wurden mehr gestresst, als ihnen gut tut.
Wahrscheinlich fragst du dich gerade: "Ja, und welche sind das?"
Gute Frage!
Und in den allermeisten Fällen müssen wir das nicht so genau wissen.
Denn selbst wenn auf einem MRT eine Auffälligkeit zu finden wäre, können wir nicht zu 100% sagen, ob dies tatsächlich die Ursache für DEINE Rückenschmerzen nach Krafttraining ist [4].
Zielführender ist es, deine Schmerzauslöser herauszufinden. Im Kraftsport findest du in der Regel einen von drei Schmerzauslöser: Kompression, Beugung und Streckung.
(Es gibt noch einen vierten: Scherkräfte. Aber das würde den Rahmen sprengen und ist daher ein Thema für ein anderes mal).
#1 Kompression
Unter Kompression verstehen wir eine Kraft, welche von oben auf die Wirbelsäule wirkt. Kompression kann auf zwei Arten entstehen:
- Die Last auf der Hantel (z.B. Kniebeugen): Dies kannst du beobachten, wenn Kraftsportler eine Bilderbuch-Technik haben und trotzdem über Rückenschmerzen klagen.
- Hohe Muskelspannung im Rumpf: Deine Rumpfmuskeln können eine starke Kompression auf die Wirbelsäule ausüben. Tatsächlich sogar so viel, dass es die Last von externen Gewicht deutlich übersteigt [5].
Meistens reagieren Betroffene empfindlich auf Kompression, wenn sie:
- sich zu schnell zu stark gesteigert haben und der Körper nicht mit Anpassung hinterherkommt,
- ständig ausreizen müssen, wie viel Gewicht sie denn beugen oder ziehen können,
- Übungen für die Anti-Rotation oder Anti-Lateralflexion machen (diese erzeugen durch die benutzten Muskeln viel Kompression) oder
- eine hohe Spannung in den Rumpfmuskeln haben (z.B. als Schutz nach Verletzung oder aus Angst).
Der letzte Punkt zeigt auch, warum psychosoziale Faktoren wichtig sind. Diese können die Muskelspannung erhöhen und so zu mehr Last auf die Strukturen im unteren Rücken führen.
#2 Beugung
Viele Menschen können ihre Rückenschmerzen auslösen, wenn sie sich nach vorn beugen. Gerade ein akuter Bandscheibenschaden ist oftmals mit Beugung der LWS schmerzhaft.
Zusätzlich dürfen wir uns bewusst machen, wie viel Flexion wir im Alltag haben:
- Sitzen? Beugung!
- Auto fahren? Beugung!
- Kniebeugen und Kreuzheben? Beugung!
Versteh mich nicht falsch: Die Beugung der Lendenwirbelsäule ist nicht die Wurzel allen Übels.
Wir können sie auch bei Übungen wie Kniebeugen oder Kreuzheben nicht vermeiden (selbst wenn wir es versuchen) [6].
Aber wir dürfen achtsamer mit der kumulativen Belastung sein, welche INSGESAMT auf den unteren Rücken wirkt und unser Training entsprechend anpassen. Das gilt aber für alle Schmerzauslöser.
Belastungsmanagement ist wichtig!
#3 Streckung
Die Streckung der LWS kann für manche Menschen mit Rückenschmerzen nach Krafttraining der Schmerzauslöser sein.
Oft haben diese Menschen stark ausgeprägte Rückenstrecker und Schwierigkeiten, den unteren Rücken zu beugen.
Und gerade bei CrossFittern fällt auf:
- Sie haben eine eingeschränkte Beweglichkeit in Schulter, Brustwirbelsäule, Hüfte oder Sprunggelenken,
- Sie nutzen viel zu viel Gewicht und pushen sich über das Muskelversagen hinaus oder
- Sie haben ein Körpergefühl wie ich beim Ballett.
All das kann dazu führen, dass du viel mit dem unteren Rücken kompensierst. Ist das schlimm? Möglicherweise.
Doch auch hier kann die kumulative Belastung die regenerativen Fähigkeiten übersteigen und - Boom - wir haben Salat.
In der Schmerzanalyse bei Rückenschmerzen findest du einen detaillierten Plan, wie du Schritt für Schritt dir Ursache von Rückenschmerzen herausfindest und einen passenden Behandlungsplan erstellst - in 20 Minuten oder weniger. Hier erfährst du mehr dazu.
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3 Strategien gegen Rückenschmerzen nach Kreuzheben
Würdest du meiner damaligen Ärztin glauben, wäre die Lösung: Aufhören mit Krafttraining!
Für mich war dieser Vorschlag inakzeptabel.
Das ist ungefähr so sinnvoll, wie nie wieder Joggen zu gehen, wenn du mit dem Knöchel umknickst.
Wie würdest du nach dem Umknicken vorgehen? Du würdest deinen Fuß vorübergehend schonen und dich dann langsam wieder mehr belasten. Irgendwann merkst du es gar nicht mehr und fängst wieder langsam mit dem Joggen an.
Und genau dieses Prinzip nutzen wir auch!
Nachfolgend findest du 3 wirksame Strategien gegen Rückenschmerzen nach Krafttraining.
Strategie #1: Die Belastung anpassen
"Mein Rücken fühlt sich dauerhaft verspannt an und oft habe ich Rückenschmerzen nach Krafttraining."
Natalie hat schon alles probiert von Foamrolling über Stretching und manuelle Therapie. Wenn dann hatte sie eine kurzzeitige Linderung. Jetzt hätte sie aber gern eine dauerhafte Lösung, damit sie sich auf ihren ersten Wettkampf vorbereiten kann.
Darum schauen wir uns ihren Trainingsplan an. Und ganz ehrlich: Bei diesem Trainingsvolumen hätte ich auch Rückenschmerzen.
Sie hat jede Woche 40-50 Sätze für den Rücken trainiert (zusammengerechnet aus Kniebeugen, Kreuzheben und Rückenstrecker).
Und weil es vielen Trainierenden so geht, ist dies Strategie #1:
Passe dein Trainingsplan und die Gewichte an! Viel hilft nicht viel.
Was glaubst du, wie viele effektive Sätze du pro Woche benötigst? Wenn deine Antwort irgendwas zwischen 10 und 15 lautet, liegst du goldrichtig!
Die meisten meiner Kunden sind überrascht, dass sie:
- mit weniger Trainingsvolumen bessere Fortschritte machen
- sich besser regenerieren können (surprise!) und
- keine Rückenschmerzen nach Krafttraining bekommen.
Der zweite Punkt im Belastungsmanagement: Wie stark du dich in deinen Trainingssätzen ausbelastest.
Hier werden wir noch nicht fancy, sondern schauen uns nur die RPE an. RPE steht dabei für Received Perception of Exertion (=subjektives Belastungsempfinden) und wird auf einer Skala von 1 bis 10 angegeben.
Stell dir vor du machst Kniebeugen und du würdest keine weitere Wiederholung schaffen. Das wäre eine RPE 10. Hättest du noch 1-2 Wiederholungen im Tank, sprechen wir von einer RPE 8-9.
Trainierst du die meiste Zeit am Limit, also eine RPE von 9 oder 10?
Wenn ja, dann ist jetzt der perfekte Zeitpunkt, um die Belastung auf eine RPE von 6-7 zu reduzieren. Du könntest also problemlos noch 3 bis 4 weitere saubere (!) Wiederholungen ausführen. Sobald die Symptome abklingen, kannst du dich von da aus langsam steigern.
Trotzdem solltest du die meiste Zeit eine RPE 7 oder 8 anpeilen. Die Ausbelastung hebst du dir für Wettkämpfe aus (nein, absolutes Muskelversagen ist nicht notwendig für Fortschritte!).
Strategie #2: Die Übungsausführung anpassen
Treten noch immer Rückenschmerzen nach Krafttraining auf? Dann müssen wir einen anderen modifizierbaren Faktor anpassen:
- Die Tiefe
- Das Tempo
- Die Standbreite
- Die Position der Hantel
Lass uns nachfolgend mal schauen, was du bei welchem Schmerzauslöser verändern kannst:
Kompression:
Wenn deine Rückenschmerzen nach Krafttraining durch Kompression entstehen, ist eines wichtiger als alles andere: Belastungsmanagement.
Du darfst dich darauf konzentrieren, was wir unter Strategie #1 besprochen haben.
Zusätzlich kannst du mit ein paar Anpassungen die Kompressionsbelastung auf den unteren Rücken beeinflussen:
- Langsames Tempo: Führe die den exzentrischen Teil der Bewegung (=das Ablassen) langsam aus.
- Die Position der Hantel: Je mehr du vorgeneigt bist, desto aktiver sind die Rückenstrecker und desto mehr Kompression wirkt auf die LWS. Wähle also Front Squats statt Back Squats oder Sumo Kreuzheben statt klassisches Kreuzheben.
- Die Standbreite: Je breiter du bei Kniebeugen stehst, desto weniger neigt sich dein Oberkörper nach vorn, d.h. es wirkt weniger Kompression.
Beugung:
Ist Beugung dein Schmerzauslöser? Dann probiere folgende Modifikationen aus:
- Die Tiefe anpassen: Je tiefer du Kniebeugen oder Kreuzheben ausführst, desto mehr Beugung benötigst du in der Hüfte. Oftmals gibt es da einfach anatomische Grenzen. Sind diese erreicht, kompensiert die LWS. Indem du die Tiefe anpasst, kannst du vorübergehend eine Beugung vermeiden und dein Rücken kann sich beruhigen.
- Position der Hantel: Selbes Prinzip - bei Back Squats benötigst du mehr Beugung in der Hüfte. Wenn deine Hüfte dies nicht hergibt, darfst du vorübergehend auf Front Squats wechseln. Easy win.
- Standbreite: Menschen haben unterschiedliche Hüftpfannen. Manche haben mehr Platz als andere, andere sind mehr nach vorn geöffnet und wieder andere mehr zur Seite. Du darfst experimentieren, in welcher Standbreite du den meisten Platz in der Hüfte hast.
Streckung:
Kommen deine Rückenschmerzen nach Krafttraining durch die Streckung der LWS?
Dann darfst du dich auf folgende Punkte konzentrieren:
- Langsameres Tempo: Dies hilft dir wahrzunehmen, wie du dich bewegst.
- Rumpfspannung verbessern: Nicht weil ein starker Rumpf den Rücken schützt. Sondern weil du so mehr Bewegungskontrolle hast und besser über die starke Gesäßmuskulatur arbeiten kannst.
- Den Hip Hinge lernen: Lerne über die Hüfte zu arbeiten. Absoluter Gamechanger.
#3 Bewegungseinschränkungen verbessern
Musstest du während der Schulzeit auch Gruppenprojekte machen? In jeder Gruppe gab es einen Streber, der super viel gemacht. Es gab aber auch immer 1-2 Kandidaten, die sich rausgenommen und nur die Lorbeeren kassiert haben.
Im Krafttraining ist die Übung das Gruppenprojekt, der untere Rücken ist der Streber und Bewegungseinschränkungen sind die faulen Gruppenmitglieder.
Das Projekt kann funktionieren. Aber derjenige, der alles macht, landet wahrscheinlicher im Burnout. Vor allem wenn von der Gruppe zu viel verlangt wird (ständig am Limit trainieren anyone?).
Deshalb ist es notwendig, Bewegungseinschränkungen anzugehen und zu verbessern. Und bei Rückenschmerzen nach Krafttraining fallen immer wieder ähnliche Einschränkungen auf.
Allen voran: Die Beweglichkeit der Hüfte. Hier benötigst du eine gute Innen- und Außenrotation, damit Kniebeugen, Kreuzheben oder Ausfallschritte ihr Potential entfalten und Ausweichbewegungen minimiert werden.
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In der 5 Tage Challenge lernst du, wie du deine Dysbalancen in der Hüfte erkennst (Tag 1), eine geschmeidige und bewegliche Hüfte bekommst (Tag 2), ein verdrehtes Becken korrigierst (Tag 3) und viele weitere wichtige Tipps und Methoden.
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Die zweithäufigste Bewegungseinschränkung: Die Sprunggelenke. Wenn deine Sprunggelenke unbeweglich sind, wirst du bei Übungen wie Kniebeugen mehr Belastung auf den unteren Rücken haben.
Das siehst du auf dem folgenden Bild:
Mehr Belastung ist zunächst etwas Gutes. Denn mehr Belastung = Gains! Doch bei Rückenschmerzen nach Krafttraining ist es notwendig, Ein Gruppenprojekt aus der Belastung zu machen.
Durch mehr Beweglichkeit in den Sprunggelenken, wirst du tiefer beugen können ohne den unteren Rücken zu überlasten.
Für eine bessere Beweglichkeit bei der Kniebeuge findest du in diesem Artikel passende Übungen.
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Zusammenfassung
Rückenschmerzen nach Krafttraining betrifft viele Kraftsportler. Die Lösung ist dann nicht, sich damit abzufinden oder mit dem Sport aufzuhören.
Stattdessen darfst du dir dein Trainingsplan anschauen, die Übungsausführung anpassen und deine Bewegungseinschränkungen verbessern.
Da du den Artikel bis hierhin gelesen hast, gehe ich davon aus, dass du ernsthaft daran interessiert bist, deine körperlichen Beschwerden loszuwerden.
Leider ist es nicht immer leicht, die richtigen Übungen zu finden. Vor allem weil du bei Google oft widersprüchliche Vorschläge findest.
Darum habe ich eine kostenfreie 5 Tage Challenge erstellt. Diese gibt dir einen klaren Fahrplan und hilft dir, deine Schwachstellen in der Hüfte zu erkennen [Tag 1], typische Dysbalancen anzugehen [Tag 2-4] und ein stabiles sowie belastbares Becken zu bekommen [Tag 5]
Das Ergebnis: Du weißt genau, was du Schritt für Schritt machen sollst.
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Titelbild: Miodrag ignjatovic - canva.com
[1] Tataryn, N., Simas, V., Catterall, T., Furness, J., & Keogh, J. W. (2021). Posterior-chain resistance training compared to general exercise and walking programmes for the treatment of chronic low back pain in the general population: a systematic review and meta-analysis. Sports medicine-open, 7, 1-17.
[2] Steele, J., Bruce-Low, S., Smith, D., Osborne, N., & Thorkeldsen, A. (2015). Can specific loading through exercise impart healing or regeneration of the intervertebral disc?. The Spine Journal, 15(10), 2117-2121.
[3] Martín-Fuentes, I., Oliva-Lozano, J. M., & Muyor, J. M. (2020). Electromyographic activity in deadlift exercise and its variants. A systematic review. PLoS One, 15(2), e0229507.
[4] Brinjikji, W., Diehn, F. E., Jarvik, J. G., Carr, C. M., Kallmes, D. F., Murad, M. H., & Luetmer, P. H. (2015). MRI findings of disc degeneration are more prevalent in adults with low back pain than in asymptomatic controls: a systematic review and meta-analysis. American Journal of Neuroradiology, 36(12), 2394-2399.
[5] Adams, M. A., Bogduk, N., Burton, K., & Dolan, P. (2012). The Biomechanics of Back Pain-E-Book. Elsevier health sciences.
[6] Saraceni, N., Kent, P., Ng, L., Campbell, A., Straker, L., & O'Sullivan, P. (2020). To flex or not to flex? Is there a relationship between lumbar spine flexion during lifting and low back pain? A systematic review with meta-analysis. Journal of Orthopaedic & Sports Physical Therapy, 50(3), 121-130.