Das Bücken fällt schwer, der Lieblingssport ist kaum noch möglich. Und Sitzen, Liegen oder Gehen bereitet Probleme.
Häufig werden Haltungsschäden für Rückenschmerzen, Nackenverspannungen und Schulterprobleme verantwortlich gemacht.
Wenn du hier gelandet bist, willst du etwas daran ändern, oder?
Wenn das der Fall ist, findest du hier wichtige Hintergrundinformationen:
- Welche Haltungsschäden gibt es?
- Wie entstehen Haltungsschäden und lösen sie wirklich Schmerzen aus?
- Mit welchen Übungen kannst du Haltungsschäden behandeln und
- Mit welchen ganzheitlichen Methoden du deine Probleme angehen solltest.
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Was sind Haltungsschäden?
Schau dir deine Wirbelsäule einmal von der Seite an.
Natürlicherweise findest du eine Doppel-S-Form, die sich aus 24 freien und beweglichen Wirbelkörpern zusammensetzt.
Treten nun knöcherne Veränderungen auf, sodass nicht mehr alle Wirbelkörper frei beweglich sind, spricht man von einem Haltungsschaden.
Dabei gibt es verschiedene, von der natürlichen Doppel-S-Form abweichende Haltungsschäden:
#1 Skoliose
Bei eine Skoliose kommt es zu einer seitlichen Krümmung der Wirbelsäule. Manchmal verdreht sich die Wirbelsäule auch in sich selbst.
Man unterscheidet zwischen der angeborenen und der erworbenen Skoliose. Dabei ist das in den meisten Fällen relativ harmlos. Kein Mensch ist wirklich symmetrisch.
In anderen Fällen kann eine Skoliose zu Haltungsschäden und Schmerzen führen.
In diesem ausführlichen Artikel zum Thema Skoliose erfährst du mehr.
#2 Hohlkreuz
Als Hohlkreuz (Hyperlordose) bezeichnet man eine starke Krümmung der Wirbelsäule nach innen.
Das Hohlkreuz wird oftmals zu unrecht verteufelt und für Rückenschmerzen verantwortlich gemacht. Denn 85% der Männer und 75% der Frauen haben ein Hohlkreuz, ohne Probleme damit zu bekommen (Herrington 2011).
In diesem ausführlichen Artikel zum Thema Hohlkreuz erfährst du mehr.
#3 Rundrücken
Bei einem Rundrücken ist die Brustwirbelsäule stark gekrümmt. Darum spricht man auch von einem Buckel.
Oftmals geht ein Rundrücken mit einem vorgestreckten Kopf und eingerundeten Schultern einher.
Obwohl sich ein Rundrücken oftmals im Laufe des Lebens entwickelt, kann er auch angeboren sein (Morbus Scheuermann).
In diesem ausführlichen Artikel zum Thema Rundrücken erfährst du mehr.
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Ursache von Haltungsschäden
Stell dir vor, du bist Büroangestellter. Du sitzt 8 Stunden vor dem Computer. Jeden Tag beginnst du aufrecht und ergonomisch zu sitzen.
Doch nach kurzer Zeit rutschst du in eine runde Haltung, die Schultern hängen und der Kopf ist vorgeschoben.
Am Ende des Tages fühlt sich der Nacken verspannt an und der Rücken tut weh.
Denkst du, dass deine Haltung der Grund für Schmerzen und Verspannungen?
Dann geht es dir wie den meisten. Viele Menschen denken, dass langes Sitzen und eine Fehlhaltung für körperliche Beschwerden verantwortlich ist.
Dabei würden bereits 30 Minuten Bewegung am Tag ausreichen, um die Probleme zu lösen und den verschiedenen Gewebearten im Körper ein Erholungspause zu geben (Williams 1990).
Prof. Dr. Stuart McGill beschreibt, wie unser Gewebe eine neutrale Zone hat. Bewegen wir uns in dieser Zone, brauchen wir uns keine Sorgen machen.
Der Stress auf die Gewebe nimmt zu, wenn wir den neutralen Bereich verlassen und mehr Spannung auf die Gewebe bringen (McGill 2002).
Das ist nicht schlimm, solange wir nicht darin verharren. Dein Körper meldet sich dann schon, z.B. wenn du eine sehr unangenehme Haltung einnimmst und es nach kurzer Zeit weh tut.
Doch wenn du Tag ein, Tag aus über Jahre hinweg den neutralen Bereich verlässt, passt sich dein Körper an die Belastung an. Er verändert sich.
So kann einseitiges Tragen einer schweren Tasche, krummes Sitzen ohne Bewegungsausgleich, Übergewicht oder andere wiederholte Tätigkeiten, die außerhalb des neutralen Bereichs durchgeführt werden, ihre Spuren hinterlassen.
So werden aus harmlosen Fehlhaltungen, die keinerlei Einfluss auf deine Schmerzen haben (z.B. Richards 2016, Straker 2008, Nourbakhsh 2002) mit der Zeit Haltungsschäden.
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Führen Haltungsschäden zu Schmerzen?
Wahrscheinlich bist du hier gelandet, weil du Schmerzen hast. Dann hat dir vielleicht ein Arzt oder ein Physiotherapeut gesagt, diese treten aufgrund der Haltungsschäden auf.
Trifft das auf dich zu?
Dann geht es dir wie vielen anderen Menschen.
Viele Menschen denken, sie hätten Rückenschmerzen, Kniebeschwerden oder Nackenverspannungen, weil sie eine schlechte Haltung haben und diese zu degenerativen Veränderungen führt.
Dabei wissen wir, dass nahezu jeder Mensch eine „unnormale“ Veränderung hat und davon nichts merkt (Brinjikji 2015).
Und wenn es jeder hat, ist es doch schon wieder normal, oder?
Es gibt genau so viele Menschen mit Schmerzen, die eine gute Haltung haben wie Menschen mit Schmerzen, die eine schlechte Haltung haben.
Fakt ist: Schmerz ist immer ein multifaktorielles Problem (Butler & Moseley 2016).
Es wäre schön, wenn wir ein so komplexes Problem auf einen einfachen Faktor wie Haltung herunterbrechen könnten. Können wir aber nicht.
Ja, Haltungsschäden können zu Problemen führen, in seltenen Fällen Nerven beeinträchtigen oder muskuläre Verspannungen nach sich ziehen.
Aber die Haltung lässt sich nur schwer ändern und es dauert sehr lange, dieses Ziel zu erreichen (rawo 2017).
In der Zeit können wir auch andere Faktoren angehen, die für dich persönlich eine Rolle spielen und auch umsetzbar sind, z.B.:
- Entzündungen reduzieren,
- Übergewicht verlieren,
- Mehr Bewegung,
- die Schlafqualität verbessern,
- Bewegungsängste abbauen,
- Stress reduzieren,
- Rauchen aufhören
und vieles, vieles mehr. Du darfst dich auf die Faktoren konzentrieren, die für dich eine Rolle spielen, um die Folgen von Haltungsschäden korrigieren zu können. Weiter unten mehr dazu.
Mit welchen Übungen du das anstellen kannst, schauen wir uns als nächstes an.
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Haltungsschäden behandeln mit 5 gezielten Übungen
Die meisten Haltungsschäden betreffen die Wirbelsäule. Im Laufe der Zeit wirst du aufgrund einseitiger Belastung in bestimmte Haltungen gezogen und "fixiert".
Viele Fehlhaltungen lassen sich mit den richtigen Übungen angehen. Allerdings gibt es auch chronischen Erkrankungen wie z.B. Bechterew oder Scheuermann , die zu Haltungsschäden führen und sich nicht korrigieren lassen.
Bei diesen Erkrankungen kann das Fortschreiten nur aufgehalten bzw. verlangsamt werden.
Für beide Fälle eignen sich die folgenden Übungen.
Übung #1: Mobilisierung der Brustwirbelsäule
Die Brustwirbelsäule ist bei vielen Menschen eine Baustelle. Dann kann der oberen Teil des Rückens nicht mehr richtig gestreckt werden und ist im Rundrücken fixiert.
Indem wir dem Rücken hier Liebe schenken, können wir schon viel erreichen.
Für die folgende Übung benötigst du ein Gummiband, wie z.B. dieses hier (Affiliate Link). Das macht die Ausführung deutlich leichter.
Und so sieht die Übung aus:
Lege ein Gummiband um die Brustwirbelsäule und halte es mit den Händen fest.
Knie dich hin. Setz dich mit dem Gesäß auf die Fersen.
Setze die Hände etwa eine Handbreit vor den Knien auf.
Lasse dich nun von dem Band nach vorn ziehen.
Halte die Position kurz. Schiebe das Band dann mit der Brustwirbelsäule nach hinten. Bewege dich kontrolliert zwischen den beiden Endpunkten vor und zurück.
Übung #2: Aktivierung des Gesäß
Durch Bewegungsmangel und viel Sitzen verlieren wir im Gesäß häufig Kraft und Körpergefühl. Die Folge: Viele Menschen können ihre Hüfte nicht richtig strecken, haben ein Hohlkreuz und würden es gern ändern.
Mit dieser Übung setzen wir genau hier an und machen dir buchstäblich Feuer unter'm Ar***. Auch für diese Übung benötigst du wieder ein Gummiband wie dieses hier (Affiliate Link).
Und so sieht die Übung aus:
Lege dich auf den Rücken.
Stelle die Füße auf und platziere das Gummiband um deine Hüfte.
Halte es mit deinen Händen seitlich fest.
Schiebe nun deine Hüfte nach oben, bis die Hüfte komplett gestreckt ist. Halte die Endposition kurz und spüre, wie dein Gesäß arbeitet.
Kehre langsam in die Ausgangsposition zurück. Halte deinen Rücken dabei so neutral wie möglich und bewege dich nur im Hüftgelenk.
Übung #3: Dynamischer Lat Stretch mit Hüftbeugung
Mit der nächsten Übung lernst du, den Rücken aufzurichten und gleichzeitig die Hüfte zu strecken. Währenddessen wird die Brustwirbelsäule auch wieder mobilisiert.
Eine einfache Übung mit vielen Vorteilen!
Und so sieht die Übung aus:
Befestige das Gummiband erhöht am Türrahmen oder an einer Klimmzugstange.
Greife das Band mit beiden Händen.
Lehne dich aus der Hüfte nach vorn und lasse dich mit den Armen nach oben ziehen.
Kehre die Bewegung dann um, richte dich auf und ziehe die Hände an deine Hüfte.
Bewege dich langsam und kontrolliert zwischen den Position hin und her.
Übung #4: Der Augenliegestütz
Der Augenliegestütz ist eine feste Größe in meinem Übungsrepertoire. Denn insbesondere "Schielen" hängt eng mit den Stabilisatoren in unserem Rücken zusammen.
Die Folge: Durch den Augenliegestütz bekommen wir mehr Dampf in die Rückenstrecker und das aufrichten fällt leichter. Also: Bitte mal alle Faxen machen!
Und so sieht die Übung aus:
Nimm einen Stift und fixiere die Spitze des Stiftes.
Führe ihn nun genau in der Mitte zwischen deinen Augen auf einer gerade Linie zur Nasenwurzel.
Führe den Stift so nah heran, dass du schielen musst. Gehe nur so nah heran, bis du beginnst, den Stift doppelt zu sehen.
Führe den Stift dann nach unten bis auf Kinnhöhe.
Anschließend führst du den Stift auf einer schrägen Linie zurück zur Ausgangsposition. Beginne mit 3 bis 5 Wiederholungen - das ist völlig ausreichend!
Übung #5: Training des vestibulo-okulären Reflexes
Doch nicht nur unsere Augen hängen mit der Wirbelsäule zusammen. Auch unser Gleichgewichtsorgan mischt da ordentlich mit!
Vor allem die Streckermuskulatur wird mehr aktiviert, wenn das Gleichgewichtsorgan angesprochen wird. Dadurch können wir durch einfache Übungen die Körperhaltung verbessern!
Das kann zum Beispiel so aussehen:
Knie dich vor eine Wand. Suche dir mit den Augen einen Fixpunkt.
Halte diese Fixpunkt die komplette Zeit im Auge!
Bewege den Kopf nun zügig und verschiedene Richtungen.
Halte die Endposition dann kurz und kehre langsam in die Ausgangsposition zurück.
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Prognose bei Haltungsschäden
Die Prognose bei Haltungsschäden ist unterschiedlich.
In vielen Fällen ist eine Fehlhaltung in jüngeren Jahren korrigierbar. Das dauert nur eine Weile.
Im späteren Lebensverlauf sieht es da schon anders aus. Auch sind die Abnutzungserscheinungen nicht mehr behandelbar. Aber das ist auch nicht unbedingt schlimm!
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule sind so normal wie Falten im Gesicht. Sie gehören zum Altern dazu!
Mit den vorgestellten Übungen kannst du ein weiteres Fortschreiten der Fehlhaltungen aufhalten und verlangsamen. Das ist auch das Ziel eines ganzheitlichen Behandlungsplans.
Bewegung ist das A und O, um weitere Haltungsschäden zu vermeiden. Darüber hinaus braucht es einen ganzheitlichen Behandlungsplan. Denn wie oben bereits gesagt: Schmerzen sind immer multifaktoriell.
- Schlafmangel: Schlafmangel ist ein riesiger Schmerztreiber. Denn im Schlaf regeneriert unser Körper. Schlafen wir zu wenig oder schlecht, fehlt die Zeit für Regenerationsprozesse. Zusätzlich fühlen wir uns leichter reizbar unter Schlafmangel. Die Folge: Dein Eimer ist schneller voll, weil du mit den Stressoren des Alltags schlechter umgehen kannst.
- Soziale Faktoren: Unzufriedenheit am Arbeitsplatz oder sozialer Rückzug sind als große Einflussfaktoren bekannt. Aber auch, wie andere mit dir umgehen. Kennst du Sprüche wie: "Wenn das jetzt schon so bei dir aussieht, wie soll es dann in 10, 20 Jahren sein?" Auch sowas sind soziale Faktoren, die Ängste schüren und deine Schmerzen beeinflussen
- Psychische Faktoren: Wie gehst du mit den Schmerzen um? Akzeptierst du sie als Chance? Oder katastrophisierst du? Hast du Angst, dass dein Leben für immer davon beeinträchtigt werden wird? All das hat einen Einfluss auf deine Schmerzwahrnehmung.
- Generelle Gesundheit: Wie ernährst du dich? Wie viel Bewegung gönnst du dir allgemein? Rauchst du? Wie sieht es mit Alkohol aus? Diabetes? Bluthochdruck? All das sind Faktoren, welche deinen Eimer füllen oder leeren können.
- Umgebung: Fühlst du dich wohl Zuhause? Oder herrscht dort Chaos und Unordnung? Wie sieht dein Umfeld aus? Es gibt Experten, die erfragen das Klima, wo die Patienten wohnen. Weil Hitze uns bspw. reizbarer macht. Auch solche Faktoren haben einen Einfluss.
All diese Faktoren können eine Rolle spielen, wenn du Schmerzen durch einen Haltungsschaden loswerden willst.
Dabei musst du dich nicht um alle gleichzeitig kümmern. Sondern nur um die, welche für dich aktuell den größten Einfluss haben.
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Jetzt bist du dran!
Da du den Artikel bis hierhin gelesen hast, gehe ich davon aus, dass du ernsthaft daran interessiert bist, deine körperlichen Beschwerden loszuwerden.
Leider ist es nicht immer leicht, die richtigen Übungen zu finden. Vor allem weil du bei Google oft widersprüchliche Vorschläge findest.
Jedoch gibt es eine Trainingsmethode, die für jeden Trainingsstand und jedes Alter geeignet ist: Die kontrollierten Gelenkrotationen. Ich nutze sie mit jedem Kunden, egal was er hat.
Damit auch du in den Genuss dieser Trainingsmethode kommst, habe ich das eBook "Schmerzfrei und beweglich mit Gelenkrotationen" erstellt. Darin erfährst du, wie die Gelenkrotationen funktionieren und wie du sie für deine Ziele nutzen kannst.
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Belastungsgrenze: eigene Grafik
Strukturelle Veränderung der Wirbelsäule: Mit Genehmigung von Dominik Czerny