Oft sind es die kleinen Muskeln, die entscheidende Aufgaben verrichten und trotzdem vernachlässigt werden.
Da hebst du nur kurz etwas vom Boden und es zieht dir in den Rücken.
Oder deine Schulter schmerzt, nachdem du wieder mit dem Sport angefangen hast.
Oder immer wenn du Joggen gehst, merkst du es danach in den Kniegelenken.
Aus der Erfahrung mit vielen Klienten und Gesprächen mit Kollegen sind es immer wieder die gleichen 11 vernachlässigten Muskeln, die für Rückenschmerzen, Schulterbeschwerden, Nackenverspannungen oder Knieprobleme verantwortlich sind.
Nachfolgend erhältst du daher eine Liste mit diesen Muskeln und warum sie so wichtig sind.
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Die 11 am häufigsten vernachlässigten Muskeln
1. Die tiefen Halsflexoren
Der Longus Colli ist kein fancy lateinischer Name für einen Langhaarcollie.
Nein, dieser Muskel gehört zu den tiefen Halsflexoren und befindet sich vorn am Hals.
Dieser scheinbar unbedeutende Kamerad hat aber eine wichtige Aufgabe: Er stabilisiert die Halswirbelsäule von vorn.
Nach einem Schleudertrauma oder durch eine vorgestreckte Kopfhaltung ist dieser Muskel häufig abgeschwächt. Die Folge können anhaltende Nackenschmerzen oder hartnäckige Verspannungen sein.
Viele Betroffene versuchen dann ohne Erfolg, den Nacken zu dehnen oder lassen sich massieren.
Wir halten uns an das Motto des Weltklasse-Therapeuten Dr. Andrew Locke: Mache niemals schwach, was stark ist. Sondern mache stark, was schwach ist.
Indem du die tiefen Halsflexoren kräftigst, können eine Nackenfehlhaltung korrigiert, Verspannungen dauerhaft gelöst und Nackenschmerz gelindert werden.
2. Infraspinatus
Der Infraspinatus ist einer der vier Muskeln der Rotatorenmanschette.
Durch einen bewegungsarmen Lebensstil mit hängenden Schultern bildet dieser Muskeln häufig Triggerpunkte aus.
Und diese Dinger sind besonders fies! Denn sie äußern sich in Beschwerden in der vorderen Schulter am Ansatz der Bizepssehne.
Der Grund: Der Nervus Musculocutaneus, der den Bizeps ansteuert und der Nervus Suprascapularis, der den Infraspinatus ansteuert, teilen sich einen Ursprung in der Halswirbelsäule bei C5/C6.
Klingt kompliziert. Lass es uns daher Körpermagie nennen.
Wenn du auf die Triggerpunkt im Infraspinatus drückst, passiert die Körpermagie und du wirst es in der vorderen Schulter spüren. Verrückt, oder?
Momentan wissen wir aber noch nicht, was Triggerpunkte eigentlich sind. Wir wissen auch nicht, was da so wirklich hilft. Wir wissen aber eins: Krafttraining ist ein verdammt guter Startpunkt!
Der Infraspinatus ist einer der Muskeln, der nicht stark genug sein kann. Also ran da.
3. Serratus Anterior
Der Serratus Anterior ist einer meiner Lieblingsmuskeln. Laut Dr. Evan Osar ist er mit am häufigsten vernachlässigt.
In seinem Buch Corrective Exercise Solutions to Common Hip and Shoulder Dysfunction (affiliate link) beschreibt er, wie der Serratus für die Schultergesundheit absolut notwendig ist!
Denn der Serratus ist dafür verantwortlich, das Schulterblatt am Brustkorb zu fixieren und es aufgleiten zu lassen.
Kann dieser seine Aufgabe nicht erfüllen, gleitet das Schulterblatt nicht richtig mit auf und wir haben wir den Salat:
- Schulterschmerzen oder
- hartnäckige Verspannungen zwischen den Schulterblättern.
Die Lösung auch hier: Kräftigen, kräftigen, kräftigen.
Viele Ideen dafür bekommst du auf dem Youtube-Kanal bei meinem Freund und Kollegen Mobility Coach Benni. Hier findest du ihn.
4. Der untere Trapezius
Gefühlt gibt es niemanden, der keine Nackenverspannungen hat.
Der verspannte Muskel ist dabei namentlich der obere Anteil des Trapezius.
Ein häufiger Grund ist, dass der untere Anteil des Trapezius zu schwach ist.
Denn obwohl beide Anteile zum selben Muskel gehören, sind der obere und der untere Anteil des Trapezius Gegenspieler.
Ist der untere Anteil zu schwach, wird der obere Anteil zu stark. Die Folge: Nackenverspannungen.
Die Lösung: Wir dürfen den Fokus mehr auf den unteren Anteil legen.
Auch hier mal Hand aufs Herz: Es gibt niemanden, der einen zu starken unteren Trapezius hat. Niemanden.
5. Der Quadratus Lumborum
Der Name dieses Muskels klingt wie ein Zauberspruch aus Harry Potter.
Und doch ist er ein verdammt wichtiger Stabilisator im unteren Rücken.
Zusätzlich ist er ein Gegenspieler des Zwerchfells und hilft bei der Ausatmung.
Ziemlich viel Verantwortung für einen Muskeln, der häufig vernachlässigt wird.
Indem wir diesem Muskel gezielt trainieren, können wir Rückenschmerzen loswerden.
Und die beste Übung dafür sind nicht Rückenstrecker. Tatsächlich sind die besten Übungen Trage-Übungen. Einarmig. zweiarmig. Über dem Kopf. Alles ist möglich.
Wenn du ein Mann bist, wirst du so zum besten Einkaufsbegleiter deiner Partnerin. 😉
6. Gluteus Maximus
Okay, erwischt. So klein ist der Gluteus Maximus nun wirklich nicht.
Das macht ihn aber nicht weniger wichtig. Er ist der Muskel, der uns ermöglicht, aufrecht zu stehen.
Doch durch einen bewegungsarmen Lebensstil ist dieser Muskel besonders hart getroffen.
Denn er wird buchstäblich platt gesessen.
Dabei spielt er für gesunde Knie und einen starken Rücken eine enorm wichtige Rolle! Wir können den Rücken nicht unabhängig vom Becken betrachten und umgekehrt.
Indem wir hier wieder Saft reinbringen und eine gute Hüftmechanik erlernen, gehören Rückenschmerzen bald der Vergangenheit an. Hier lernst du mehr darüber.
Außerdem wird oft vergessen, dass der Gluteus Maximus ebenfalls für eine stabile Beinachse verantwortlich ist. Also auch bei X-Beinen und anderen Knieproblemen ist dieser Muskel wichtig!
7. Gluteus Medius
Während der Gluteus Maximus die PS auf die Straße bringt, sorgt der Gluteus Medius dafür, die Spur zu halten.
Er ist einer der wichtigsten Muskeln für eine gerade Beinachse und ein stabiles Becken.
Und leider wird er häufig ignoriert.
Die Folgen zeigen sich entlang der kinetischen Kette nach oben und unten: Kniebeschwerden, Rückenprobleme oder X-Beine.
Und ja, ich wiederhole mich jetzt: Aber wir können den Rücken oder die Knie nicht unabhängig vom Becken betrachten. Denn viele Beschwerden haben im Becken ihren Ursprung.
Indem wir den Gluteus Medius sowohl in der Abduktion als auch in der Außenrotation kräftigen, können wir Gelenkprobleme gezielter und ganzheitlicher angehen.
8. Vastus Medialis
Der Vastus Medialis ist Teil des vorderen Oberschenkels.
Ist dieser Muskelstrang gut ausgebildet, sieht er wie eine Träne oberhalb des Kniegelenks aus.
Eigentlich kannst du diesen Teil des vierköpfigen Quadrizeps nicht isoliert ansteuern.
Dennoch nehmen einige Experten an, dass die querverlaufenden Fasern des Vastus Medialis das Kniegelenk stabilisieren.
Wenn er gut angesteuert wird, verhindert er unkontrollierte Bewegungen des Kniegelenks nach innen. Grund genug, den Vastus Medialis nicht zu ignorieren.
Um diesen Muskel gezielt zu trainieren, eignen sich Beinübungen mit starkem Knievorschub wie zum Beispiel Hackeschmidt Kniebeuge, Front Foot Elevated Split Squats oder Peterson Stepdowns. Bei Youtube findest du viele Tutorial Videos zu den einzelnen Übungen.
9. Die Rotatoren der Tibia
Die Muskeln des hinteren Oberschenkels werden häufig als ischiocrurale Muskulatur zusammengefasst.
Sie besteht aus drei Muskeln mit insgesamt 4 Muskelköpfen.
Oftmals liest du, dass diese Muskulatur eine Kniebeugung und eine Hüftstreckung macht.
Dabei kann sie noch mehr! Denn du kannst dein Knie nicht nur beugen und strecken. Du kannst auch eine kleine Rotation durchführen. Diese Bewegung wird ebenfalls von der ischiocruralen Muskulatur durchgeführt.
Häufig ist allerdings der Bizeps Femoris zu stark. Die Folge: Der Unterschenkelknochen ist leicht nach außen gedreht und eine Fußfehlstellung folgt.
Was oftmals nicht weiter tragisch ist, führt bei hoher oder andauernder Belastung zu vermehrten Scherkräften im Knie und Abnutzungen.
Es ist daher eine gute Idee, die inneren Anteile des hinteren Oberschenkels zu trainieren, um eine ausgeglichenere Kraftwirkung auf das Kniegelenk zu haben.
10. Tibialis Anterior
Über die Schienbeinmuskeln machen sich nur wenige Menschen Gedanken.
Einer der wichtigsten Muskeln hier ist der Tibialis Anterior.
Er hebt den Fuß und stabilisiert das Fußgewölbe.
Bei langen Märschen oder wenn du mit dem joggen beginnst, ist er häufig der erste Muskel, der schlapp macht.
Besonders bei Knieproblemen, Schienbeinkantensyndrom oder bei Plattfüßen ist dieser Muskel nicht zu vernachlässigen.
Und weil wir alle ein wenig mehr Stabilität in den Füßen gebrauchen können, ist es eine gute Idee, den Muskel gezielt zu trainieren. Als Bonus macht er das tiefe Kniebeugen einfacher.
11. Tibialis Posterior
Ein weiterer Muskel, über den sich nur wenige Menschen Gedanken machen, ist der Tibialis Posterior.
Dieser Muskel "versteckt" sich hinter den Wadenmuskeln und übernimmt mehrere Aufgaben.
Zum einen senkt er den Fuß.
Zum anderen richtet er gemeinsam mit dem Namensvetter aus Nummer 10 das Fußgewölbe auf.
Auch dieser Muskel ist bei Fußfehlstellungen, Knieproblemen oder X-Beinen enorm wichtig.
Bei vielen Menschen würde es im Bereich der Füße schon einen riesigen Unterschied machen, einfach öfter barfuß zu laufen. Denn unser bequemes Schuhwerk nimmt uns häufig die Aufgabe ab, das Fußgewölbe zu stabilisieren.
Indem wir artgerechter leben und ab und zu die Schuhe ausziehen, lösen sich viele Probleme von selbst.
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Wie wichtig sind einzelne Muskeln wirklich?
In diesem Artikel hast du 11 Muskeln kennengelernt, die häufig vernachlässigt werden und bei vielen körperlichen Beschwerden eine Rolle spielen können.
Ja, unsere Biomechanik ist wichtig. Was dabei aber gern unter den Teppich gekehrt wird, ist die unglaubliche Fähigkeit unseres Körpers, sich anzupassen.
Wenn etwas nicht optimal läuft, kann unser Körper verdammt gut kompensieren. Und in sehr vielen Fällen merken wir gar nichts davon. Denn weißt du was?
Unser Körper denkt nicht in einzelnen Muskeln. Er denkt in Bewegungen. Und dabei spielen immer mehrere Muskeln eine Rolle.
Und selbst wenn unser Körper für bestimmte Bewegungen kompensieren muss, werden die entsprechenden Muskeln einfach stärker und ausdauernder.
Erst wenn die Belastung auf den Körper dessen Fähigkeit zur Kompensation überschreitet, dann können wir Probleme bekommen.
Und selbst dann sind Schmerzen unglaublich komplex.
Es wäre so schön, wenn wir körperliche Beschwerden auf eine Liste mit Muskeln runterbrechen könnten. Können wir aber nicht.
Schmerzen sind verdammt komplex. Viele Faktoren können dabei eine Rolle spielen.
Faktoren wie :
- Bewegungsmangel,
- Stress,
- Schlafmangel,
- frühere Verletzungen,
- Traumata,
- Entzündungen,
- Beziehungen,
- Unzufriedenheit am Arbeitsplatz und vieles mehr.
Das klingt unfassbar komplex. Aber in der Praxis ist es nicht kompliziert.
Da du den Artikel bis hierhin gelesen hast, gehe ich davon aus, dass du ernsthaft daran interessiert bist, deine körperlichen Beschwerden loszuwerden.
Leider ist es nicht immer leicht, die richtigen Übungen zu finden. Vor allem weil du bei Google oft widersprüchliche Vorschläge findest.
Jedoch gibt es eine Trainingsmethode, die für jeden Trainingsstand und jedes Alter geeignet ist: Die kontrollierten Gelenkrotationen. Ich nutze sie mit jedem Kunden, egal was er hat.
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Male Muscle Anatomy – ForeverLee From GettyImages Pro – canva.com
Tiefe Halsflexoren: By modified by Uwe Gille - Gray387.png, Public Domain,https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2526567
Infraspinatus: Von Henry Vandyke Carter - Henry Gray (1918) Anatomy of the Human Body (See "Buch" section below)Bartleby.com: Gray's Anatomy, Tafel 412, Gemeinfrei,https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=39031
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Gluteus Maximus: CC BY-SA 3.0,https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=545381
Gluteus Medius: CC BY-SA 3.0,https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=545381
Vastus Medialis: Von modified by Uwe Gille - Gray430.png, Gemeinfrei,https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2827532
Rotatoren der Tibia: Von Henry Vandyke Carter - Henry Gray (1918) Anatomy of the Human Body (See "Buch" section below)Bartleby.com: Gray's Anatomy, Tafel 434, Gemeinfrei,https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=527191
Tibialis Anterior: Von modified by Uwe Gille - Gray437.png, Gemeinfrei,https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2515238
Tibialis Posterior: Von modified by Uwe Gille - Gray439.png, Gemeinfrei,https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2601500