"Das ist besser, als den hinteren Oberschenkel dehnen zu wollen und wird dich beweglicher machen," sage ich.
"Das ist aber ganz schön anstrengend!" beklagte sich Andreas. Wir sind bei einer Ausbildung für Fitnesstrainer und besprechen das Thema Beweglichkeit.
Seit Jahren versuchte Andreas beweglicher zu werden, um Verspannungen zu lösen. Er dehnte sich zwar regelmäßig, aber so wirklich beweglicher wurde er nicht und weniger verspannt fühlte er sich immer nur kurzfristig.
Er machte denselben Fehler, den viele Menschen machen, wenn sie beweglicher werden und weniger Verspannungen haben wollen. Er nutzte ausschließlich passive Dehnmethoden.
Willst du den hinteren Oberschenkel dehnen und endlich beweglicher werden? Dann bist du hier richtig! In diesem Artikel erfährst du:
- Warum dich passive Dehnmethoden allein nicht dauerhaft beweglich machen und
- Mit welchen Trainingsmethoden du den hinteren Oberschenkel dehnen und dauerhaft beweglicher machen kannst.
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Warum dich passives Dehnen nicht ans Ziel bringt
Viele Menschen haben das Bedürfnis sich zu dehnen, wenn sie beweglicher werden wollen oder sich verspannt fühlen.
Und wenn es dir wie den meisten geht, machst du folgende Erfahrung: Du kannst den hinteren Oberschenkel dehnen und fühlst dich kurz danach fantastisch.
Doch nach einiger Zeit kehrt das Verspannungsgefühl zurück. Und wenn du nicht jeden Tag dehnst, ist es um die Beweglichkeit auch geschehen.
Erwischt? Das hat einen einfachen Grund. Denn Bewegungseinschränkungen entstehen nicht wie allgemein angenommen durch verkürzte Muskeln. Das sehen wir eindrucksvoll bei Patienten mit einer Frozen Shoulder. Bei dieser Pathologie ist die Beweglichkeit der Schulter stark eingeschränkt. Werden die Patienten jedoch narkotisiert, ist die Beweglichkeit fast normal (z.B. Hollmann et al. 2018).
Daraus lernen wir: Unsere Beweglichkeit wird zu einem großen Teil von unserem zentralen Nervensystem mitbestimmt, weniger von unserer Muskulatur. Darum spricht man heute auch von einer neuromuskulären Einheit.
Vereinfacht gesagt: Unsere Muskeln machen nur das, was der Chef - unser zentrales Nervensystem - vorgibt.
Wenn wir also das Ziel haben beweglicher zu werden, bringt es nicht viel, passiv den hinteren Oberschenkel dehnen zu wollen.
"Passiv dehnen" bedeutet in dem Kontext, dass bei der Dehnung keine aktive Muskelarbeit verrichtet wird. Dabei arbeitet das zentrale Nervensystem nicht mit und folglich lernt es den neuen Bewegungsradius nicht.
Damit wir die Beweglichkeit verbessern, benötigen wir also folgendes:
Beweglichkeit = Flexibilität + Kraft + Bewegungskontrolle
Fehlt uns Kraft und Kontrolle, bekommen unsere Muskeln eine Schutzspannung. Die Folge: Wir sind unbeweglicher und fühlen uns verspannt.
Wenn wir jedoch unser zentrales Nervensystem mitarbeiten lassen, indem wir z.B. die Muskeln in einer Dehnung anspannen, verbessern wir unsere Beweglichkeit und lösen das Verspannungsgefühl.
Andreas hat am eigenen Leib erfahren, wie effektiv und nachhaltig das ist und im Laufe der Ausbildung mehr erreicht, als die Jahre davor mit stumpfen Dehnen.
Und das kannst du auch! Nachfolgend findest du drei Übungen, mit denen du den hinteren Oberschenkel dehnen kannst - für nachhaltige Ergebnisse.
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3 ungewöhnliche Übungen, um den hinteren Oberschenkel dehnen zu können
Theorie schön und gut. Jetzt fragst du dich vielleicht, wie du das Ganze umsetzen kannst.
Dazu findest du nachfolgend drei ungewöhnliche Übungen, mit denen du den hinteren Oberschenkel dehnen kannst.
Übung #1: PAILs & RAILss für den hinteren Oberschenkel
Um die Beweglichkeit zu verbessern und das Steifheitsgefühl schnell loszuwerden, benötigen wir mehr als eine Dehnung. Wir benötigen auch eine aktive Muskelkontraktion. Nur so lernt unser zentrales Nervensystem, den neu gewonnenen Bewegungsumfang abzuspeichern und zu benutzen.
Eine einfache Möglichkeit dafür sind sogenannte PAILs und RAILs. Das Vorgehen funktioniert etwa so:
- Gehe passiv in die Dehnung hinein und halte diese für 90 Sekunden,
- Nutze den Zielmuskel in der gewünschten Position. Starte mit wenig Kraft und steigere dich nach und nach,
- Nutze aktiv den Gegenspieler und ziehe dich noch weiter in die Dehnung hinein.
Um den hinteren Oberschenkel dehnen zu können, kann das so aussehen:
Lege dich auf den Boden. Ein Bein wird an einem Türrahmen abgelegt, sodass es 90° nach oben zeigt. Halte diese Position für 90 Sekunden.
Drücke das gestreckte Bein anschließend 3 mal für 15 Sekunden mit zunehmender Kraft in den Türrahmen.
Abschließend hebst du das gestreckte Bein vom Türrahmen ab und hältst auch diese Position für 15 Sekunden.
Übung #2: Hovers
Wir haben gesehen: Beweglichkeit besteht nicht nur darin, den Zielmuskel möglichst beweglich zu machen. Zusätzlich muss der Gegenspieler in der gewünschten Position auch stark sein.
Es ist ähnlich wie beim Bizeps und Trizeps: Wenn du den Arm beugst und den Bizeps anspannst, muss der Trizeps reflektorisch entspannen.
Dieses Wissen können wir nutzen: Wollen wir also den hinteren Oberschenkel dehnen, können wir den Hüftbeuger trainieren und so Spannung aus dem hinteren Oberschenkel nehmen. Eine einfache Übung dafür sind sogenannte Hovers:
Lege dir dazu zwei Hindernisse auf den Boden. Setze dich wie im Video hinter die Hindernisse.
Die Beine sind gestreckt. Solltest du wie ich nicht so beweglich sein, kannst du dich mit den Händen hinter dem Rücken abstützen.
Hebe nun ein Bein mit gestrecktem Knie an und führe es langsam über ein Hindernis.
Lege es ab und wiederhole die Bewegung mit dem anderen Bein.
Übung #3: Rumänisches Kreuzheben
Häufig wird behauptet, Krafttraining würde unbeweglich machen. Das ist schlichtweg falsch! Eine Untersuchung an der Universität in Porto konnte zeigen, dass Krafttraining den Bewegungsumfang zuverlässig vergrößert (Afonso et al. 2021).
Wenn wir bei Kraftübungen den vollen Bewegungsumfang nutzen, lernt unser zentrales Nervensystem zusätzlich, Kraft im gedehnten Muskel aufzubringen. Der Vorteil: Du kannst den Muskel tatsächlich verlängern (Marušič et al. 2020)!
Um den hinteren Oberschenkel dehnen zu können, hat sich in der Praxis der Staggered Stance Romanian Deadlift bewährt. Und so sieht die Übung aus:
Stelle dich mit einem Bein auf ein Widerstandsband. Greife beide Enden mit den Händen.
Das andere Bein ist leicht versetzt nach hinten aufgestellt.
Halte das vordere Bein möglichst gestreckt, während du dich aus der Hüfte vorlehnst. Der Rücken bleibt dabei möglichst gerade!
Gehe in die maximale Dehnung, halte die Position kurz und kehre dann in die Ausgangsposition zurück.
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Jetzt bist du dran!
Da du den Artikel bis hierhin gelesen hast, gehe ich davon aus, dass du ernsthaft daran interessiert bist, deine körperlichen Beschwerden loszuwerden.
Leider ist es nicht immer leicht, die richtigen Übungen zu finden. Vor allem weil du bei Google oft widersprüchliche Vorschläge findest.
Jedoch gibt es eine Trainingsmethode, die für jeden Trainingsstand und jedes Alter geeignet ist: Die kontrollierten Gelenkrotationen. Ich nutze sie mit jedem Kunden, egal was er hat.
Damit auch du in den Genuss dieser Trainingsmethode kommst, habe ich das eBook "Schmerzfrei und beweglich mit Gelenkrotationen" erstellt. Darin erfährst du, wie die Gelenkrotationen funktionieren und wie du sie für deine Ziele nutzen kannst.
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