Training nach Bandscheibenvorfall bedeutet, ein paar Dinge zu berücksichtigen.
Häufig gehen mit einem Bandscheibenvorfall Ängste und Fragen einher:
- Kann ich meinen Lieblingssport weitermachen oder muss ich für immer aufhören?
- Werde ich immer Probleme und Schmerzen haben? Kann ich mich irgendwann wieder normal belasten?
- Ist Krafttraining überhaupt noch möglich? Worauf muss ich beim Training achten?
In diesem Artikel erfährst du, was du beim Training nach Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule (LWS) beachten musst. Nach dem Lesen wirst du selbstbewusst an das Training herangehen und Übungen wählen können, welche für dich geeignet sind.
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Ist Training nach Bandscheibenvorfall überhaupt möglich?
Der Arzt zeigt mit seinem Finger auf deine MRT-Aufnahme.
Man sieht deutlich, wie Material verrutscht ist. Diagnose: Bandscheibenvorfall (manchmal auch Prolaps oder Protrusion).
Für viele ist diese Diagnose ein Horror und es entstehen automatisch schlimme Szenarien im Kopf.
Manche denken, sie können nie wieder schwere Dinge heben. Andere fürchten sich vor lebenslangen Rückenschmerzen. Wieder andere meinen, dann ist Schluss mit ihrem Lieblingssport und ab jetzt geht nur noch Reha-Sport.
Die gute Nachricht ist: Die allermeisten Bandscheibenvorfälle sind halb so wild.
Ja, es ist Mist und es tut auch weh. Doch solange damit keine Lähmungserscheinungen oder Inkontinenz einhergehen, kannst du dein Leben fast wie gewohnt fortsetzen.
Noch interessanter ist der Fakt, dass ein Bandscheibenvorfall im unteren Rücken nicht unbedingt mit Rückenschmerzen zusammenhängen muss.
Im Gegenteil: Borenstein et al. schoben 1989 67 gesunde und schmerzfreie Erwachsene in die Röhre. 21 davon zeigten klare Veränderungen der Bandscheiben und des Wirbelkanals. 10 Jahre später wurden dieselben Menschen wieder untersucht. 21 von den ursprünglich untersuchten entwickelten Rückenschmerzen.
Die große Überraschung ist aber, dass es nicht dieselben 21 Leute waren, die 10 Jahre zuvor abnormale Veränderungen zeigten. Lediglich 12 der Personen, die ursprünglich Veränderungen hatten, bekamen Schmerzen. Die anderen 9 merkten noch immer nichts von ihren normalen Abweichungen.
Diese Untersuchung zeigt, dass strukturelle Veränderungen wie ein Bandscheibenvorfall keine Vorhersagekraft haben, ob jemand Schmerzen deswegen hat oder nicht. Bildgebenden Verfahren zeigen nur, dass jemand einen Bandscheibenvorfall hat. Mehr nicht.
Würden wir alle Menschen ins MRT schieben, würden wir bei nahezu allen irgendwelche strukturellen Veränderungen wie Bandscheibenvorfalle, Arthrose etc. finden. Doch nur ein Bruchteil der Menschen hat deswegen Schmerzen.
Darum gilt auch: Wir behandeln immer Menschen mit Problemen. Nicht Diagnosen. Denn Diagnosen können symptomfrei sein. Probleme nicht.
Wir behandeln immer Menschen mit Poblemen. Nicht Diagnosen. Denn Diagnosen können symptomfrei sein. Probleme nicht.
Das ist wichtig zu wissen!
Ein Bandscheibenvorfall ist eine ganz normale Alterserscheinung - genau so wie Falten im Gesicht. Nur leider rutschen Falten nicht auf einmal zurück, wie es bei der Hälfte aller Bandscheibenvorfall nach ein paar Monaten passiert, wie Zhong et al. zeigen konnten.
Das heißt für dich: Ein Bandscheibenvorfall ist völlig normal. Du kannst dein Leben normal weiterführen.
Damit sich deine Schmerzen jedoch nicht verselbstständigen und chronische Rückenschmerzen entstehen, gibt es ein paar Dinge zu beachten. So sorgst du mit dem Training nach Bandscheibenvorfall dafür, dass dein Rücken gesund, stark und schmerzfrei bleibt.
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Diese Übungen solltest du zunächst vermeiden
Das Training nach Bandscheibenvorfall in der LWS darf ein paar einfache Punkte berücksichtigen.
Denn wenn wir uns anschauen, wie die meisten Bandscheibenvorfälle entstehen, wissen wir auch, wie wir unseren Körper bei der Genesung unterstützen können.
Prof. Dr. Stuart McGill hat die letzten Jahrzehnte damit verbracht, den unteren Rücken zu untersuchen. Er fand heraus, dass ein Bandscheibenvorfall einem klaren Verletzungsmechanismus folgt: Wiederholtes (und langes) Beugen der Lendenwirbelsäule.
Da nahezu alle Bandscheiben im unteren Rücken nach hinten fallen, wissen wir, dass ein übermäßiges Runden der LWS zum Prolaps führen kann.
Entsprechend reagieren viele Betroffene sensibel darauf, wenn der untere Rücken gebeugt und unter Kompression gesetzt wird.
Das kannst du direkt testen: Setze dich auf die Stuhlkante. Deine Hände sind seitlich unter dem Stuhl. Mache den Rücken rund und ziehe dich mit den Händen in den Stuhl herein.
Verursacht dieser Test Schmerzen, bist du flexionsintolerant.
Treten dabei Schmerzen auf? Dann bist du momentan flexionsintolerant. Das bedeutet, eine Beugung der Lendenwirbelsäule ist dein Schmerzauslöser. Dann darfst du eine Beugung der LWS vermeiden, bis sich dein Gewebe erholt hat.
Diese Erkenntnis bringt einige Implikationen für den Alltag und das Training mit sich. Schauen wir uns das genauer an.
Flexionsintoleranz als Schmerzauslöser im Alltag
Im Alltag begeben wir uns häufig in eine Flexion der LWS, ohne dass wir uns dessen bewusst sind.
Falls dein Bandscheibenvorfall schon länger zurückliegt und du nach wie vor mit Schmerzen zu kämpfen hast, könnte das die Ursache dafür sein.
Schauen wir uns einige typische Situationen genauer an:
- Rückenschmerzen beim Zähneputzen: Oftmals beugen wir den unteren Rücken beim Zähneputzen. Halte stattdessen die LWS neutral, um den Schmerzauslöser zu vermeiden.
- Rückenschmerzen beim Niesen: Beim Niesen krümmen viele unbewusst den Rücken und klagen über Schmerzen. Nimm den Kopf beim Niesen in den Nacken, um das Beugen der LWS zu vermeiden.
- Rückenschmerzen beim Schuhe binden: Statt dich nach vorn zu lehnen, stelle den Fuß erhöht und halte den Rücken neutral, um die Flexion der Lendenwirbelsäule zu vermeiden.
- Sport am Morgen: Beim Schlafen saugen sich die Bandscheiben mit Flüssigkeit voll. Morgens sind wir dadurch steifer im Rücken und Bewegungen können Wirbelstrukturen mehr reizen. Warte mit deinen Rückenübungen etwa 60 Minuten nach dem Aufstehen.
- Rückenschmerzen durch langes Sitzen: Im Sitzen rutschen wir oft unbewusst in eine gebeugte Haltung. Das ist auch völlig in Ordnung. Nur direkt nach einem Bandscheibenvorfall ist eine gekrümmte Haltung möglicherweise kontraproduktiv. Ein Stützkissen wie dieses hier (Affiliate Link) unterstützt dich dabei, den Rücken neutral zu halten und den Schmerzauslöser zu vermeiden.
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Flexionsintoleranz als Schmerzauslöser im Training
Doch nicht nur im Alltag setzen sich viele Menschen unbewusst dem Schmerzauslöser aus. Auch im Training nach Bandscheibenvorfall machen viele den Fehler, den unteren Rücken zu beugen.
Einige typische Beispiele schauen wir uns genauer an:
- Training der Rumpfmuskeln: Sit-Ups, Crunches, Beinheben... Es gibt viele Rumpfübungen, welche die Lendenwirbelsäule beugen. Dies wollen wir vermeiden. Im nächsten Abschnitt schauen wir uns drei Rumpf-Übungen an, welche deine Wirbelsäule stabilisieren, ohne den Rücken zu beugen.
- Starke Kompression der Lendenwirbelsäule: Neben der Flexion kann die Kompression des unteren Rückens ein Schmerzauslöser sein. Das heißt, auch fantastische Übungen wie Kreuzheben oder Kniebeuge mit der Langhantel stehen vorerst nicht auf dem Plan (aber gern später wieder). Denn diese Übungen stauchen die Wirbelsäule.
- Den Rücken in den Boden drücken: Bei vielen Rumpfübungen in Rückenlage hören wir die Trainer sagen: "Drücke die Lendenwirbelsäule in den Boden!" Doch genau das wollen wir vermeiden. Denn auch das stellt eine Flexion des unteren Rückens dar. Wir wollen die Wirbelsäule neutral halten und das bedeutet: Leichtes Hohlkreuz! Stell dir vor, eine Ameisenstraße kann unter deiner Lendenwirbelsäule hindurchmarschieren.
Das sind die drei häufigsten Fehler, die im Training nach Bandscheibenvorfall gemacht werden. Vermeide diese vorerst, bis sich dein Rücken erholt hat.
Dann dürfen diese Bewegungen wieder langsam in das Training eingeführt werden.
Das Ziel ist, dass alle Bewegungen ohne Schmerzen gemacht werden können. Und das ist möglich: Denn unser Körper ist extrem stark und anpassungsfähig.
Schauen wir uns nun an, wie ein Training nach Bandscheibenvorall aussehen kann.
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4 Übungen für dein Training nach Bandscheibenvorfall
Bis hierhin haben wir uns schon einiges an Theorie über den unteren Rücken und Bandscheibenvorfälle angeschaut.
Du weißt nun, dass ein Bandscheibenvorfall in den meisten Fällen nicht so schlimm ist, wie es häufig heißt und auch wieder heilt.
Und du weißt, was dein Schmerzauslöser für Rückenbeschwerden nach einem Bandscheibenvorfall sein kann.
Nun schauen wir uns genauer an, welche Übungen du nach einem Prolaps machen kannst.
Übung #1: McKenzie Pose
Wir wissen, dass eine Flexion der LWS ein Schmerzauslöser sein kann. Entsprechend hilft es einigen Betroffenen, den unteren Rücken in eine Streckung zu bringen.
Lege dich dazu auf den Bauch. Die Hände sind unter dem Kinn patziert.
Verweile in dieser Position für ein paar Minuten.
Stehe anschließend auf und spüre hinein, wie es deinem Rücken geht.
Lindern sich die Schmerzen, hast du eine Übung gefunden, mit der du deine Rückenbeschwerden angehen kannst.
Falls die Schmerzen zunehmen, lass diese Übung bitte weg!
Übungen #2: Die Big 3
Um die Wirbelsäule zu stabilisieren und den Rumpf zu kräftigen, brauchen wir ein paar gezielte Übungen.
Prof. Dr. Stuart McGill hat dazu die Big 3 entwickelt. Das sind drei Übungen, welche die Rumpfmuskulatur effektiv trainieren und die LWS gleichzeitig nur minimal belasten.
Diese drei Übungen sind:
- Der Curl-Up,
- Der Seitstütz,
- Der Bird-Dog.
In diesem Artikel habe ich die Übungen ausführlich beschrieben und gezeigt.
Übung #3: Die Hüftbeugung lernen
Du lehnst dich nach vorn und hebst etwas vom Boden auf. Wie machst du das?
Viele Menschen beugen dafür den unteren Rücken. Im Training nach Bandscheibenvorfall wollen wir allerdings lernen, eine Beugung aus der Hüfte zu machen.
Bei der Hüftbeugung lehnen wir uns nach vorn, während die Wirbelsäule neutral gehalten wird.
Eine einfache Möglichkeit, um dieses wichtige Bewegungsmuster zu erlernen, ist Folgendes:
Halte einen Stab an deinen Rücken. Kontaktpunkte sind Gesäß, oberer Rücken und Hinterkopf.
Beuge dich nun aus der Hüfte nach vorn, ohne die Kontaktpunkte zu verlieren. Gehe nur so weit nach vorn, wie du den Rücken neutral halten kannst. Endpunkt kurz halten, dann Bewegung umkehren.
Sobald du diese Bewegung ohne Probleme beherrschst, kannst du auch Gewicht hinzufügen, um den Rücken zu kräftigen.
Übung #4: Gehen
Gehen ist Balsam für den Rücken. Und damit ein nicht verhandelbarer Bestandteil eines guten Reha-Protokolls für jede Wirbelsäule.
Manche erleben beim Gehen, dass Rückenschmerzen schlimmer werden. Oftmals gehen sie dann einfach zu langsam.
Damit Gehen tatsächlich eine Wohltat ist, solltest du dich zügig bewegen.
Dabei sollten deine Arme aus der Schulter locker mitschwingen.
Dadurch werden alle Rückenmuskeln bewegt sowie abwechselnd an- und entspannt.
15 Minuten sind der absolute Mindestaufwand, um das Training nach Bandscheibenvorfall effektiv zu gestalten.
Sollten trotz der Empfehlungen nach 5 bis 10 Minuten Gehen Schmerzen auftreten, liegt eine weitere Schmerzursache vor (häufig Wirbelkanalstenose).
Frage den Therapeuten deines Vertrauens, wie du am Besten damit umgehst. Oder vereinbare ein kostenloses Kennenlerngespräch mit mir unter info@felixkade.de.
Mit diesen Übungen kannst du dein Training nach Bandscheibenvorfall beginnen.
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Jetzt bist du dran!
Da du den Artikel bis hierhin gelesen hast, gehe ich davon aus, dass du ernsthaft daran interessiert bist, deine Bandscheibenprobleme loszuwerden.
Leider kursieren viele Mythen und Halbwahrheiten, die dir auf deinem Weg Steine in den Weg legen. Wenn du schon mal etwas probiert hast, du aber nur kurzfristig Erfolge hattest, weißt du, was ich meine...
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