Piriformis oder Bandscheibe: Was sorgt für deine Beschwerden?

Piriformis oder Bandscheibe - es ist nicht immer leicht herauszufinden, was ausstrahlende Beschwerden auslöst.

Denn sowohl ein Bandscheibenvorfall als auch der birnenförmige Muskel im Gesäß können den Ischiasnerv irritieren.

Das kann auf Seiten von Betroffenen, Ärzten und  Therapeuten zu Frust und Hoffnungslosigkeit führen, weil die Behandlung nicht anschlägt. 

Und obwohl sich die Symptome von beiden Ursachen ähneln, gibt es feine Unterschiede. Diese zu erkennen, ist für eine erfolgreiche Behandlung der Beschwerden enorm wichtig.

Darum erfährst du in diesem Artikel:

  • Warum sich die Symptome von beiden Ursachen so ähneln,
  • Worin sich die Probleme aber auch unterscheiden und
  • Mit welchen Tests du herausfindest, ob der Piriformis oder die Bandscheibe der Übeltäter ist

Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel ist nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben und enthält aktuelle Ergebnisse aus der modernen Forschung. Dennoch ersetzen die Inhalte keine ärztliche Beratung, sondern dienen lediglich der Information.

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Piriformis oder Bandscheibe: Warum sind die Symptome so ähnlich?

Wenn du ausstrahlende Beschwerden hast, hast du vielleicht auch Angst vor einem Bandscheibenvorfall.

Vielleicht hast du die Probleme auch schon länger und fragst dich, warum sie nicht besser werden.

Dann werden manchmal Theorien aufgestellt und es steht die Frage im Raum: Handelt es sich wirklich um einen Bandscheibenvorfall oder steckt der Piriformis dahinter?

Doch warum ist das so schwer zu beantworten?

Der Grund liegt in der Anatomie des Ischiasnervs.

Dieser entspringt in der Lendenwirbelsäule und zieht durch das Gesäß in den hinteren Oberschenkel bis in den Fuß.

Piriformis oder Bandscheibe Anatomie Ischias

Die typischen Symptome entstehen nun durch zwei Möglichkeiten:

  1. Etwas drückt auf den Nerv und es kommt zu einem Sauerstoffmangel in der Nervenzelle. Die Folge: Sie kann nicht mehr effizient arbeiten. Es entstehen Symptome wie Taubheit oder Kraftverlust.
  2. Der Nerv ist entzündet und reagiert empfindlicher auf Reize. Die Folge: Es entstehen die typisch ausstrahlenden Schmerzen in die Beine.

Doch dies kann nicht nur im unteren Rücken entstehen. Denn beides - Piriformis oder Bandscheibe - können den Ischiasnerv ärgern.

In der Lendenwirbelsäule kann ein Bandscheibenvorfall auf den Nerv drücken oder den Nerv entzünden.

Im Gesäß verläuft der Ischias direkt hinter dem Piriformis. In 12% der Menschen zieht er sogar direkt durch den Piriformis.

Hat nun der Piriformis oder einer der anderen Muskeln im Gesäßbereich einen hohen Tonus, können auch hier Nervenirritationen entstehen.

Die Schwierigkeit besteht darin, beides voneinander zu unterscheiden. Das führt bei den Betroffenen oft zu Frust und Hoffnungslosigkeit, weil ihre Symptome auch durch verschiedene Therapien nicht besser werden.

Fun Fact: Das Piriformis-Syndrom gibt es nicht mehr

Noch vor ein paar Jahren ging man davon aus, dass die typischen Symptome im Gesäßbereich und den Beinen vom Piriformis kommen. Jedoch ist der Piriformis nur in 2/3 der Fälle für die Symptome verantwortlich [1]. Mittlerweile wissen wir, dass die Symptome auch durch andere Strukturen im Gesäßbereich ausgelöst werden können. Darum sprechen wir mittlerweile vom tiefen Glutealsyndrom [2].

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Piriformis oder Bandscheibe: Worin unterscheiden sich die Probleme?

Beide Ursachen können für Schmerzen im Gesäß und den Beinen sorgen. Und doch unterscheiden sich die Probleme in den Details.

Beispielsweise kannst du die Symptome eines Bandscheibenvorfalls häufig beeinflussen, indem du die Position der Wirbelsäule änderst. In vielen Fällen sind sie mit einer Beugung stärker und mit einem Hohlkreuz besser.

Wenn der Piriformis der Übeltäter ist, funktioniert das nicht. Im Gegensatz dazu kannst du die Symptome über eine Bewegung der Hüfte beeinflussen, wenn der Piriformis die Ursache ist.

Auf dem Bild kannst du sehen, wie sich der Ischias bei verschiedenen Bewegungen der Hüfte verhält:

  • Links (a): neutrale Hüftposition
  • Mitte (b): In (passiver) Außenrotation ist der Ischias entspannt
  • Rechts (c): In Innenrotation erfährt der Ischias mehr Spannung

Quelle: Balius, R., et al. (2022). Sciatic nerve movement in the deep gluteal space during hip rotations maneuvers. Clinical Anatomy35(4), 482-491.

Dieselbe Untersuchung zeigt noch mehr. So erfährt der Ischias mehr Stress, wenn die Außenrotatoren aktiv angespannt werden.

Das ist also ein wichtiger Punkt für die Frage: Piriformis oder Bandscheibe? Bei einem Bandscheibenvorfall kannst du die Symptome über die Bewegung der Lendenwirbelsäule beeinflussen. Liegt die Ursache beim Piriformis, lassen sich die Symptome eher über die Hüfte beeinflussen.

Zusätzlich kannst du über das Schmerzverhalten mehr herausfinden:

  • Sitzen: Sitzen ist mit "Bandscheibe" oft nur mit Rundrücken problematisch. Beim "Piriformis" wird es unabhängig von der Rückenposition nach 20 bis 30 Minuten unangenehm im Gesäßbereich. Entsprechend sind Vorbeugen im Stehen (fast ausschließlich) bei einem Bandscheibenvorfall problematisch.
  • Dehnen: Dehnübungen für das Gesäß sind bei "Bandscheibe" eher unproblematisch. Bei "Piriformis" fühlt es sich direkt danach besser an, aber das Problem kommt nach 30-60 min wieder und geht nicht wirklich weg.
  • Kräftigung: Eine Kräftigung der Außenrotatoren wirkt sich nicht auf einen Bandscheibenvorfall aus. Ein Piriformis-Syndrom kann dadurch verstärkt werden.
  • Ausstrahlungen: Ein Bandscheibenvorfall sorgt in der Regel nicht für sensorische Missempfindungen im Genitalbereich. Der Piriformis kann tatsächlich zu einer Kompression des Nervus Pudendus und somit Missempfindungen des Genitalbereichs führen [3].

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  • Tag 1: [Tests] Passen deine Symptome zur Diagnose?
  • Tag 2: [Linderung] Der wichtigste Tipp für weniger Beschwerden
  • Tag 3: [Prognose] Wie gut sind deine Heilungschancen?
  • Tag 4: [Heilung] Diese 3 Phasen musst du kennen
  • Tag 5: [Lügen] Die 5 schlimmsten Falschaussagen, die deine Genesung verhindern
  • Tag 6: [Wissen] Diese Faktoren begünstigen Bandscheibenschäden
  • Tag 7: [Mindset] Konzentrierst du dich auf das Problem oder die Lösung?

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Piriformis oder Bandscheibe: Mit diesem Test unterscheidest du sie

Mit verschiedenen Tests kannst du nun herausfinden, ob der Piriformis oder die Bandscheibe die Ursache ist.

Dabei darf dir eins bewusst sein: Ein Piriformis-Syndrom ist eher eine Ausschlussdiagnose. Daher beginnen wir nachfolgend mit den Tests für die Bandscheibe. Sollten diese positiv sein, gehe mit deinem Verdacht bitte zu einem Arzt!

Test #1: Seated Compression Test

Der erste Test ist der sogenannte Seated Compression Test. Er gibt einen ersten Einblick in die Natur deiner Beschwerden. 

Die allermeisten Bandscheibenvorfälle reagieren sensibel auf eine Beugung mit gleichzeitiger Kompression. Du auch?

Um das zu testen, setze dich auf einen Stuhl. 

Greife mit den Händen seitlich unter den Stuhl. Bring deine Wirbelsäule zunächst in eine neutrale Position.

Ziehe dich nun mit den Händen in den Stuhl herein. Erzeugst du durch diese Kompression Schmerzen? Dann erhärtet sich der Verdacht.

Bandscheibenvorfall erkennen Test 1

Wiederhole den Test, indem du einen Rundrücken und ein Hohlkreuz machst.

Werden die Beschwerden mit dem Rundrücken schlimmer, aber lassen mit Hohlkreuz nach? Dann wäre das ein typisches Schmerzmuster, an dem du einen symptomatischen Bandscheibenvorfall erkennen kannst.

Test #2 Bauchlage

Der zweite Test ist der McKenzie-Methode entnommen. Stelle dich dazu aufrecht hin und spüre in deinem Rücken hinein. Wie fühlt es sich an?

Lege dich dann auf den Bauch mit den Händen unter dem Kinn. Wenn es angenehm ist, bleibe in dieser Position 3 Minuten liegen. Stehe anschließend auf. Sind deine Beschwerden besser geworden? 

Bandscheibenvorfall erkennen Test 2

Dann kannst du daran einen Bandscheibenvorfall erkennen.

Wenn nicht und du hast währenddessen sogar Schmerzen gehabt, liegt die Ursache nicht an den Bandscheiben.

Test #3: Der Straight Leg Raise Test

Kommt es nach Bandscheibenvorfall zu Ischiasbeschwerden, lassen sich diese oft mit einer Beinbewegung beeinflussen. Wir machen uns dies hier zu nutzen, um die Frage zu beantworten: Piriformis oder Bandscheibe?

Und so sieht der Straight Leg Raise Test aus:

Lege dich auf den Rücken.

Hebe nun ein Bein gestreckt an, während du die Zehen zum Schienbein heranziehst.

Halte diese Position.

Nun müssen die folgenden 4 Punkte erfüllt sein, damit der Verdacht auf die Bandscheibe fällt:

  1. Wenn du das Bein anhebst, treten ausstrahlende Schmerzen auch schon unter 60° Hüftflexion auf: Dieser Schmerz unterscheidet sich deutlich von einem Dehnungsschmerz der hinteren Oberschenkel,
  2. Der Schmerz tritt unterhalb des Knies auf: Dieser Punkt ist wichtig, weil der erste Punkt immer noch auf einen Dehnungsschmerz der hinteren Oberschenkeln hindeuten könnte und nicht eindeutig vom Ischiasschmerz zu unterscheiden ist,
  3. Der ausstrahlende Schmerz ist stärker als der Rückenschmerz,
  4. Es treten sensorische Beschwerden wie beispielsweise ein Kribbeln auf.

Sind alle vier Punkte erfüllt oder bist du dir unsicher bei deinem Ergebnis?

Dann gehe bitte zu einem Arzt und lasse dich genauer untersuchen. 

Test #4: Der Pace-Test

Weiter oben haben wir gesehen, dass der Ischiasnerv irritiert werden kann, wenn sich die Außenrotatoren der Hüfte anspannen. Dies machen wir uns beim Pace-Test zunutze. Gemeinsam mit dem Test #5 kannst du so mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein Piriformis-Syndrom schließen [4].

Der Pace-Test wird wie folgt ausgeführt:

Setze dich auf einen Stuhl. Die Füße sind aufgestellt. Hüfte und Knie hast du jeweils ca. 90° gebeugt.

Drücke nun mit den Händen von außen gegen deine Knie, sodass sich die Muskeln im Gesäß anspannen. 

Kann dies deine Symptome auslösen? Dann deutet dies auf eine Beteilung des Piriformis hin.

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Test #5: Der Piriformis-Stretch Test

Für diesen Test greifen wir ebenfalls auf die oben genannte Studie zurück. Demnach wird der Ischiasnerv mit einer Innenrotation mehr gedehnt. Dies kann bei einer Nervenirritation die typischen Symptome auslösen.

Und so sieht der Test aus:

Setze dich dazu auf einen Stuhl. Nimm eine aufrechte Position mit dem Rücken ein, sodass die Hüfte etwa 90° gebeugt ist.

Hebe nun das Bein der betroffenen Seite an und strecke das Knie. Drehe das Bein nach innen und führe es über die Mitte zum anderen Bein.

Der Test ist positiv, wenn dabei deine typischen Beschwerden ausgelöst werden.

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Piriformis oder Bandscheibe - was fängst du mit den Ergebnissen an?

Du hast eben 5 Tests kennengelernt, mit denen du die Ursache deiner Beschwerden unterscheiden kannst.

Sind die ersten drei Tests positiv? Dann deutet dies auf eine Beteiligung der Bandscheiben hin. 

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Konntest du mit den letzten beiden Tests deine Symptome auslösen? Dann deutet dies auf eine Beteiligung des Piriformis hin. Dann findest du in dem folgenden Artikel weitere hilfreiche Informationen: Piriformis-Syndrom behandeln.

Solltest du dir unsicher sein, besprich die Testergebnisse bitte mit einem Arzt.

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Du bist dran!

Da du den Artikel bis hierhin gelesen hast, gehe ich davon aus, dass du ernsthaft daran interessiert bist, deine Bandscheibenprobleme loszuwerden.

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  • Tag 4: [Heilung] Diese 3 Phasen musst du kennen!
  • Tag 5: [Lügen] Die 5 schlimmsten Falschaussagen, die deine Genesung verhindern
  • Tag 6: [Wissen] Diese Faktoren begünstigen Bandscheibenschäden
  • Tag 7: [Mindset] Konzentrierst du dich auf das Problem oder die Lösung?

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Über Felix

Meine Name ist Felix Kade und ich arbeite als Personal Trainer in Leipzig, sowie als Dozent für (Reha-)Trainer in ganz Deutschland. Unter anderem bin ich ausgebildet als medizinischer Fitnesstrainer, Reha-Trainer für Orthopädie, Faszientrainer und vieles mehr.
Durch moderne Erkenntnisse aus der Neuro- & Schmerzwissenschaft helfe ich meinen Klienten, den Schmerzkreislauf schneller hinter sich zu lassen und wieder mehr Zeit sowie Energie für die wichtigen Dinge im Leben zu haben.

Bildernachweis:

Titelbild: herraez - canva.com

Ischiasnerv: By KDS4444 - Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=53368293

 

Literaturnachweis:

[1] Filler, A. G., Haynes, J., Jordan, S. E., Prager, J., Villablanca, J. P., Farahani, K., ... & Johnson, J. P. (2005). Sciatica of nondisc origin and piriformis syndrome: diagnosis by magnetic resonance neurography and interventional magnetic resonance imaging with outcome study of resulting treatment. Journal of Neurosurgery: Spine2(2), 99-115.

[2] Park, J. W., Lee, Y. K., Lee, Y. J., Shin, S., Kang, Y., & Koo, K. H. (2020). Deep gluteal syndrome as a cause of posterior hip pain and sciatica-like pain. The Bone & Joint Journal102(5), 556-567.

[3] Sermer C, Li ALK, Fernandes GL, Ribeiro AM, Polesello G, Tokechi D, Cancelliere L, Lemos N. Intrapelvic entrapment of sacral nerve roots by abnormal bundles of the piriformis muscle: description of an extra-spinal cause of sciatica and pudendal neuralgia. J Hip Preserv Surg. 2021 May 19;8(1):132-138. doi: 10.1093/jhps/hnab041. PMID: 34567608; PMCID: PMC8460165.

[4] Martin, H. D., Kivlan, B. R., Palmer, I. J., & Martin, R. L. (2014). Diagnostic accuracy of clinical tests for sciatic nerve entrapment in the gluteal region. Knee Surgery, Sports Traumatology, Arthroscopy22(4), 882-888.

 

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